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Gerichtsurteil bestätigt: Aromen nicht reguliert

Neues Urteil, alles beim Alten, trotzdem wichtig

Die Tabakproduktrichtlinie und das daraus ergangene Tabakerzeugnisgesetz, das im vergangenen Jahr beschlossen wurde, haben für viel Verunsicherung gesorgt.
Doch nun ergehen auch die ersten Gerichtsurteile dazu. Und die geben dann tatsächlich Rechtssicherheit für alle.
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Würde im Gesetz stehen was erlaubt ist, wäre es natürlich viel einfacher. Und wir bräuchten weniger Anwälte auf der Welt. Aber im Gesetz steht nun einmal nicht, was erlaubt ist. Denn der Staat kann nichts erlauben, sondern nur verbieten. (Wie Vatter immer sagte: Du darfst alles. Nur dich nicht erwischen lassen.)

In dem ergangenen Urteil ging es eigentlich gar nicht um E-Zigaretten. Und eigentlich auch nicht um Liquids. Eigentlich ging es nicht einmal um das TabakerzG.
Trotzdem ist mit dem ergangenen Urteil nun sehr klar, dass Aromen von den einschlägigen Regelungen ausgenommen sind.

Klage wegen Verkauf ohne Altersprüfung

Im vorliegenden Fall hatte ein Online Händler aus Westfalen gegen einen anderen, ebenfalls aus Westfalen stammenden Online Händler geklagt, weil dieser Aromen für E-Zigaretten ohne Altersabfrage verkauft hatte.

Nach Auffassung des Klägers waren auch die Aromen durch den Paragraphen 10 des Jugendschutzgesetzes erfasst.

Jugendschutzgesetz, § 10

(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.

Das Landgericht Bochum hatte bereits in der ersten Instanz entscheiden, dass Aromen nicht darunter fallen. Der Kläger hat das Ganze in die nächste Instanz getragen, und das Oberlandgericht Hamm hatte bereits im März die Entscheidung von Bochum bestätigt.

Die Begründung ist wichtig

Wichtig für das Dampfen an sich ist nun aber weniger die Entscheidung selber. Sondern dass es auch gerichtlich bestätigt ist.
Zur Entscheidung heißt es im Urteil:

Die in Rede stehenden Aromastoffe fallen schon begrifflich nicht unter dieses Verbot.
Denn es handelt sich hierbei weder um nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shihas, – und hiervon geht selbst die Klägerin nicht aus – noch um deren Behältnisse.

Auch Behältnisse mit Aromastoffen für E-Zigaretten unterliegen nicht diesem Verbot.

Das tatsächlich Wichtigste steht jedoch einigermaßen versteckt in der Begründung.

Hiervon gehe auch der europäische Gesetzgeber in Art. 2 Nr. 17 der Richtlinie 2014/14/EG aus, wenn dort von „Nachfüllbehälter“ als Behältnis, „das nikotinhaltige Flüssigkeit enthält, die zum Nachfüllen einer elektronischen Zigarette verwendet werden kann“, die Rede sei. Im Gegensatz dazu definiere Art. 1 Nr. 24 der Richtlinie den Begriff „Aromastoff“ als Zusatzstoff, der Geruch und/oder Geschmack verleiht.

Nichts anderes ergebe sich aus der Überschrift oder den sonstigen Angaben der beanstandeten Artikelbeschreibung. Diese könnten ohnehin nicht zu einer abweichenden Auslegung des Gesetzeswortlautes führen. Zudem werde das Produkt nicht ausschließlich als Aromastoff zur Mischung von Liquid für E-Zigaretten beworben. Dies ergebe sich schon aus dem Hinweis „Nicht pur dampfen oder verzehren“.

Da ist tatsächlich ein Tippfehler enthalten, denn natürlich ist hier die TPD 2 gemeint, die Richtlinie 2014/14/EU. Die definiert in Ihrem Artikel 2 sehr genau solche Begriffe wie „Nachfüllbehälter“ oder „Aromastoff“.

Das Oberlandesgericht Hamm ging im Weiteren sogar noch auf den Trägerstoff Propylenglykol ein, der sowohl in Base, Liquids wie auch Aromastoffen vorhanden ist. Aber trotzdem sei das nicht vom Gesetz gedeckt.

Nicht nur wegen Jugendschutz entscheidend

Im Grunde genommen ging es hier um das Jugendschutzgesetz und Aromastoffe. Beziehungsweise noch genauer um deren Behälter, die ohne Altersfreigabe online vertrieben wurden.
Aber durch diese Begründung von höherer Instanz ist somit klar, dass Aromastoffe nicht unter das Jugendschutzgesetz fallen. Und das ist mit eben dieser Begründung auch auf das TabakerzG zu übertragen.

Abmahnwahn oder erzwungene Entscheidung?

Das Oberlandesgericht in Hamm, Westfalen

Eine solche Klage muss nicht immer zwangsläufig etwas mit Neid zu tun haben. Oder mit Gewinnsucht.

Ein solches Gerichtsurteil hat für das Dampfen und die Händler einen viel größeren Nutzen. Denn erst ein solches Gerichtsurteil gibt wirklich Rechtssicherheit.
Die Begründung des Urteils ist viel wichtiger als das Urteil selber.

Deshalb gibt es auch solche Dinge wie Freundschaftsklagen. Einer verklagt den anderen, man teilt sich die Kosten und geht danach ein Bier trinken. Um dadurch ein Gerichtsurteil zu „erzwingen“. Das hat einen völlig anderen Hintergrund als eine Abmahnung.

Ob dies in diesem Fall vorlag kann man nicht sagen. Aber es ist trotzdem unsinnig, bei so etwas einen Shitstorm loszutreten. Eben weil man es nicht genau weiß und dem Dampfen damit insgesamt weitergeholfen ist.
So etwas ist ein völlig normales Wirtschaftsgebaren.

Aromastoffe nicht reguliert

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin

In der Praxis bedeutet dies genau das, was immer wieder zu Verwirrungen in Dampferkreisen gesorgt hat:
Aromastoffe können nicht verboten werden.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kann Inhaltsstoffe in fertigen Liquids verbieten oder regulieren. Aber nicht das reine Aroma, das Dampfer zum Mischen nutzen.
Selbst dann nicht, wenn es ausdrücklich zum Dampfen produziert und auch so beworben wird. Denn es ist eben nicht pur zu dampfen. Man kann es sogar zum Backen verwenden. Und damit ist es weder von der TPD, noch dem TabakerzG, noch dem JuSchG reguliert.

Das bedeutet wiederum, Aromen können beworben werden wie der Hersteller es will, sie können ohne Altersüberprüfung abgegeben werden und müssen auch nicht bei der EU angemeldet werden.

Die Verwirrung klärt sich

Der Bundesrat: Erst vor kurzem das Menthol Verbot gekippt

Der Gesetzgeber kann nicht einfach machen was er will. Und diese Vorgänge zeigen, dass dies auch langsam in der praktischen Umsetzung deutlich wird.
Erst vor kurzem hat der Bundesrat das Verbot von Menthol in Liquids gekippt. Das Bundesministerium ist durch die höchste Instanz angehalten, viel genauer zu prüfen und zu begründen, wenn es einen Aromastoff in fertigem Liquid verbieten will.

Und inzwischen hat auch ein Gericht in zweiter Instanz ganz klar gesagt, dass Aromastoffe nicht unter diese Regulierungen fallen. Auch wenn sie eigentlich zum Dampfen gemacht sind.
Punkt.


Oberlandesgericht Hamm, 4 U 162/16: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2017/4_U_162_16_Urteil_20170307.html
Bericht zur Abweisung des Mentholverbotes: https://www.vapers.guru/2017/05/12/mentholverbot-vom-tisch/
Jugenschutzgesetz, § 10: https://dejure.org/gesetze/JuSchG/10.html
Tabakproduktrichtlinie 2014/40/Eu (Tpd2): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2016/01/TPD2.pdf

 

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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