header-advert

Dicker Dampf in Delhi

Totalverbot droht

Indien befindet sich gerade im Prozess der Regulierung der E-Zigarette. Mit sehr ungünstigen Symptomen. Nun steht auch die größte Messe am kommenden Wochenende auf der Kippe.
header-advert

Denken wir an Indien, denken wir an Gandhi, Hari Krishnas, Curry und vor allem Slums. Nichts davon ist verkehrt, aber ein durch Kolonialismus verzerrtes Bild.
Der Markt der E-Zigarette ist dort durchaus vielversprechend. Und vor allem könnte die E-Zigarette gerade in einem Schwellenland wie Indien nachhaltig die Frage der öffentlichen Gesundheit beeinflussen. Doch die Entwicklungen der letzten Tage deuten auf das genaue Gegenteil.

Um die Dramatik der Entwicklung zu verstehen, muss man sich vor allem die schiere Größe Indiens klar machen. Wir sehen gerne Europa und die USA im Vordergrund und blenden dabei aus, dass der weitaus Größte Teil der Menschheit in Ostasien lebt.

Ein riesiges Land

Indien: Fremd und geheimnisvoll

Betrachtet man die Bevölkerung, ist Indien nach China das zweitgrößte Land der Welt. In Indien leben über 1,3 Mrd. Menschen. Das entspricht mehr als dem 16 fachen von Deutschland und mehr als dem Doppelten der gesamten EU.
Als einziges Land stellt Indien gleich zwei Städte in den Top 10 der größten Städte weltweit, Delhi liegt mit fast 26 Millionen auf Platz 3. Zum Vergleich: Berlin hat 4,5 Millionen.
In den nächsten 10 Jahren wird Indien China als bevölkerungsreichstes Land überholt haben.

Zwischen Tradition und Moderne

Das Land ist vielfältig bis zerrissen. Der Süden des Subkontinents liegt in den Tropen, der Norden im höchsten Gebirge der Welt. Es gibt 24 verschiedene Amtssprachen, erste Amtssprache ist Hindi, gefolgt von Englisch.
Und so vielfältig ist auch die Gesellschaft. Neben Slums und Analphabetismus gibt es Bankkonzerne, volle Universitäten und eine rasante Entwicklung im Computerbereich. Mit den Füßen in den patriarchalischen Strukturen der Vergangenheit, inklusive Massenvergewaltigungen und Kastensystem. Mit dem Kopf tief in der Zukunft.
Und Bollywood ist längst größer als Hollywood.

Bereits Verbote in Bundesländern

Auf dem Sprung in die Moderne

Auch politisch ist Indien vielfältig. Denn wie Deutschland und Österreich ist es in Bundesländer gegliedert. Und von diesen 29 Bundesländern haben inzwischen fünf den Verkauf von E-Zigaretten verboten. Als letztes hat sich Jammu und Kashmir im Juli den Bundesländern Karnataka, Punjab, Maharashtra und Kerala angeschlossen.

Auf Anfrage der The Economic Times hieß es dazu aus dem Gesundheitsdirektorat von Kashmir, das auch für die Tabakkontrolle zuständig ist: „Mit sofortiger Wirkung ist ein komplettes Verbot von Verkauf, Herstellung, Vertrieb, Handel, Import und Werbung für ENDS [Electronic Nicotine Delivery Systems, Anm. d. Red.] und E-Zigaretten im Staat erlassen worden.“

WHO scheinbar treibende Kraft

Das scheint eine direkte Folge Politik der WHO zu sein. Im vergangenen November fand in der Hauptstadt Delhi die von der WHO organisierte COP7 Konferenz statt. Das Thema war hier das internationale Abkommen der Framework Convention for Tobacco Control (FCTC).
Genau lässt sich das aber nicht sagen, die Presse wurde von der WHO kurzerhand ausgesperrt.
In einer offiziellen Pressemitteilung der WHO hieß es zur E-Zigarette:

„Dieser Beschluss betreffend der E-Zigaretten [ENDS /ENNDS, Anm. d. Red.] lädt die Unterzeichner, die bisher noch nicht den Import, Verkauf und Vertrieb von E-Zigaretten verboten haben, dazu ein, entweder das Verbot oder die Regulierung solcher Produkte zu erwägen.“
Pressemitteilung der WHO, COP7

Offenbar wird im Hintergrund bereits an einem landesweiten Verbot gearbeitet. Ein anonymer Teilnehmer der Konferenz sah damals schon gegenüber der Hindu Newspaper in die Zukunft.

„Andere Länder mögen eine eingeschränkte Erlaubnis wählen. Indien hat eine umfassende Stellung gegen E-Zigaretten eingenommen, da es bereits genug Tabak Produkte auf dem Markt gibt. Es wird uns Jahre kosten, den Effekt von E-Zigaretten zu verstehen. Es gibt nicht genug Forschungen und ein komplettes Verbot wird helfen, mehr Erkrankungen durch Tabak zu verhindern.“

Rolle der Gesunheitsschützer bekannt

Nicht nur Slums und Tempel

Die politischen Mechanismen und Systeme, die hier greifen, sind durchaus mit der Situation in Europa und den USA vergleichbar.

Zu Beginn dieses Jahres hat das Gesundheitsministerium des Bundesstaates Maharashtra ein Verbot gefordert.
Das indische Gesundheitsministerium hat als Antwort daraufhin eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die herausfinden soll, ob ein Verbot tatsächlich notwendig ist.
Auch die Rolle der Gesundheitsorganisationen ist vergleichbar. So sagte Bhavna B Mukhopadhyay im August:

„E-Zigaretten sind nur ein Mechanismus um Nicotin in einer attraktiven Form zu liefern. Sie werden als Harm Reduction Produkt vermarktet, was das Gegenteil der Wahrheit ist. Junge Menschen werden geködert, weil es in verschiedenen Geschmacksrichtungen leicht erhältlich ist. Aber die Menschen sollten nicht in die Falle gelockt werden, denn E-Zigaretten sind ebenfalls schädlich.“
Bhavna B Mukhopadhyay, Voluntary Health Association of India, August 2017

Messe vor dem Aus

Statement der Vape Expo INDIA auf FB, 04.09.2017

Am kommenden Wochenende soll die Vape Expo INDIA in Delhi stattfinden. Es soll die größte Messe für E-Zigaretten auf dem Subkontinent werden. Doch das steht auch fünf Tage vor der Öffnung noch in den Sternen.

Die Organisatoren haben am vergangenen Freitag eine Ablehnung des Gesundheitsministeriums erhalten. Diese ist jedoch durch nichts gerechtfertigt, da E-Zigaretten derzeit in Delhi keinerlei Regulation unterliegen.
Gemäß eines Kommentars auf ihrer Facebook Seite arbeiten die Organisatoren fieberhaft mit ihren Anwälten an einer Lösung. Die Vorbereitung zu dieser Messe hat über ein Jahr gedauert und könnte in diesen wenigen Tagen davor scheitern.

Haupt Sponsor dieser Messe ist nicht nur die britische Firma Vapire Vape. Als Nebensponsor tritt hier auch der deutsche Hersteller Avoria auf.
Für den europäischen Markt dürfte das derzeit durchaus zu verkraften sein. Bei anderen fernöstlichen Märkten würde das anders aussehen.

Man schätzt, dass der indische Markt zu zwischen 30% und 50% online stattfindet. Der wichtigste Lieferant ist das benachbarte China.
Bei einem bundesweiten Verbot würde dieser Markt ersatzlos wegfallen.

In Indien sterben jährlich 900.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.


Artikel zur COP7: https://www.vapers.guru/2016/11/08/presseverbot-auf-tabakkonferenz/
Pressemitteilung der WHO zur COP7: http://www.who.int/fctc/mediacentre/press-release/cop7-concluded-in-delhi/en/
Homepage der Vape Expo INDIA: http://vapeexpo-india.com/en/

The following two tabs change content below.

Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

Neueste Artikel von Joey Hoffmann (alle ansehen)