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Abmahnung während Messe: Shake & Vape ist geschützt

Niko Liquids beansprucht Rechte für sich

Am vergangenen Wochenende kam es zu einem Streit zwischen zwei Herstellern. Die Auseinandersetzungen liefen dabei offenbar auf einer eher persönlichen Ebene ab. Doch sie könnten Auswirkungen auf die gesamte Branche haben.
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Am vergangenen Wochenende fand die Intertabac in Dortmund statt. Sie ist die Weltleitmesse für alle Produkte rund um das Thema Tabak, angefangen von Verpackungen und Feuerzeuge bis zu E-Zigaretten.
Bei der Intertabac handelt es sich um eine Fachbesuchermesse. Die Branchengrößen aus allen Ländern sind dort vertreten. Man sollte also davon ausgehen, dass eine gewisse Professionalität gepflegt wird.
Diese Erwartung wurde leider schon am Freitag enttäuscht.

Ausgerechnet in der der Westfalenhalle, der Halle 1, stieß die Rückseite des bescheidenen Standes des polnischen Firma Flavourtec an den großen Stand der in Essen beheimateten Niko Liquids.
Schon beim Aufbau kam es dabei zu Streitereien. Denn der Stand von Flavourtec überragte mit einer rückseitigen Wand den Stand von Niko Liquids in einer Höhe von etwa drei Metern um 50cm auf einer Breite von etwa zwei Metern.

Nun könnte man meinen, dass dies kein Grund für eine Auseinandersetzung zwischen Erwachsenen wäre.
Vielleicht war die Empfindlichkeit von Niko Liquids auch dem Umstand geschuldet, dass genau in dem Bereich Videos aufgenommen werden sollten.

Die Dampfer Zeitung VAP gehört zur Niko Liquids Trading GmbH. Diese hatte ursprünglich geplant genau dort auf dem opulenten und zweitgeschossigen Stand ein Bühnenprogramm mit namenhaften Branchenvertretern, Wissenschaftlern und YouTubern zu veranstalten.
Offenbar bestand daran kein Interesse, wegen mangelnder Teilnahme wurde dieses Programm abgesagt.
Die diskutable Rückwand wäre dabei der Hintergrund gewesen, jedoch sicher nicht ins Bild gekommen.
Doch das war als Grund für die Aufregung ja bereits obsolet.

Konstruktiv Fehlanzeige

Bereits am Freitag mokierte einer der Messebauer von Niko Liquids dieses wenig auffällige und eigentlich messeübliche Übermaß.
Danach schaltete sich dann auch noch Stefan Endler ein, einer der Verantwortlichen der Essener.
Nach Aussagen von Flavourtec erfolgte dieses Gespräch wohl auf einer überraschend persönlichen und emotionalen Ebene, Drohgebärden eingeschlossen.

Dennoch versuchten Flavourtec in mehreren Anläufen das Gespräch konstruktiv zu führen. Dabei zeigte sich, dass Niko Liquids offenbar nicht einmal darüber informiert war, wer Flavourtec ist.
Die von Rheinländern in Danzig gegründete Firma war bisher vor allem mit OEM Produkten am Markt vertreten, also als Abfüller für andere Brandings. Vor wenigen Wochen hat Flavourtec jedoch den alten Traditionshersteller German Flavours übernommen. (vapers.guru berichtete, Link unten)
Die völlig veränderte Sachlage war wohl an den Westdeutschen vorbei gegangen.

Scheinbar hatte es zwischen dem Familienunternehmen German Flavours unter der alten Unternehmensführung und Niko Liquids bereits im Vorfeld Reibereien gegeben.
Die Shops von German Flavours wurden von Niko Liquids übernommen und firmieren derzeit unter dem Branding Dampffuchs.

Niko Liquids
Stein des Anstoßes: Ein halber Meter Übermaß an der Rückseite

Als Flavourtec versucht hatte dieses Missverständnis auszuräumen wurde ihnen dennoch angekündigt, dass sie am nächsten Tag eine anwaltliche Abmahnung erhalten würden.

Ein Mitarbeiter der Messe bestätigte gegenüber vapers.guru in einem Gespräch am Freitagabend, dass es dafür keine Handhabe gäbe. Denn die Messe habe selbstverständlich die Stände gemäß der Entwürfe genehmig, die Bauhöhe eingeschlossen. Ansprechpartner sei bei so etwas die Messeleitung und nicht der Standbetreiber.

Abmahnung wegen Markenrechten

Überraschenderweise ging es in der am nächsten Tag mit Zeugen übergebenen Abmahnung aber nicht um den Messestand. Sondern um eine Markenverletzung.

Niko Liquids
Der weitläufige Stand von Niko Liquids. (Die strittige Rückwand rechts außerhalb der Kamera.)

Flavourtec hatte auf einer Werbefläche ihres Standes verschiedene Liquids unter der Überschrift „Shake & Vape“ zusammengefasst.
Niko Liquids bezeichnete sich in der Abmahnung als Inhaber der Markenrechte dieser Bezeichnung.

Flavourtec wurde aufgefordert noch während der Messe eine Unterlassungserklärung abzugeben, den Vorlieferanten zu nennen, eine Aufstellung der bisher verkauften Produkte mit allen Daten zu liefern und knappe 2000,- € zu zahlen.

Daran lässt sich Ahnungslosigkeit erahnen. Flavourtec verfügt über mehrere selbstgebaute Hallen, zwei vollautomatisierte Produktions- und Verpackungsanlagen, halbautomatische Abfüllungen, hat über 100 Mitarbeiter und produziert derzeit etwa 1,8 Millionen Liquids pro Monat. Ohne German Flavours.
Die geforderte Aufstellung der „Vorproduzenten“ ist nur erklärlich, wenn man sich nicht bewusst ist, dass man mit einem der größten Hersteller Europas spricht.

Shake and Vape geschützte Marke

Eine sofortige Recherche ergab, dass Niko Liquids sich tatsächlich im Mai des vergangenen Jahres die Rechte an der Wortmarke „Shake and Vape“ als Individualmarke gesichert hat.

Niko Liquids
So wirbt man seriös B2B: Oben ohne.

Und das macht den doch eher infantilen Streit um 50cm Rückwand auf einer Messe bemerkenswert.
Denn wenn Niko Liquids die Rechte hält, könnte das Unternehmen jedes andere Unternehmen der Branche kostenpflichtig abmahnen. Und zur Unterlassung zwingen.

Unternehmen, die ihre Produkte bisher mit „Shake & Vape“ beworben haben, müssten dies sofort unterlassen. Produkte müssten umbenannt, Produktionen umgestellt werden.
Die Folgen wären dramatisch, fast jeder Hersteller wäre davon betroffen. Doch auch Einzelhändler, die Produkte damit bewerben oder in ihrem Online Shop eine Kategorie so benannt haben, könnten abgemahnt werden.

Deshalb schlägt diese Auseinandersetzung inzwischen Wellen.
Flavourtec ist inzwischen auch Mitglied im Händlerverband Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG) und informierte die Interessenvertretung noch während der Messe.
Die wiederum setzte ihren Anwalt davon in Kenntnis.

Herstellerverband geht dagegen vor

Inzwischen hat ein Anwalt des BfTG die Löschung der Marke beantragt. Die Begründung dafür ist naheliegend.
Man kann nur den Namen für tatsächliche Produkte oder Firmen beantragen. Für Produktgattungen ist das jedoch nicht haltbar.

Beispielsweise kann man als Autohersteller den Namen seines Modells schützen lassen, nicht aber den Namen „Auto“ oder „Coupé“.
Der Sinn dürfte offensichtlich sein: Anderen Herstellern von Autos würde es damit unmöglich gemacht, ihre Produkte zu benennen. Wozu sie im Rahmen des Verbraucherschutzes sogar verpflichtet sind.
Dies nennt man Freihaltebedürfnis.

Mehr noch, eine Marke kann sogar im Nachhinein den Status verlieren. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist in Deutschland der Begriff „Tempo“. Diese ursprüngliche Marke wird inzwischen übergreifend für Papiertaschentücher verwendet und verliert dadurch ein Stück weit den Schutz der Wortmarke.




Shake & Vape ist seit der Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union in den allgemeinen Sprachgebrauch der Dampfer übergegangen. Womit auch der Zeitpunkt der Eintragung juristisch nicht greifen dürfte.

Mit Shake & Vape werden alle Liquids benannt, die so abgefüllt werden, dass sie je nach Bedarf mit so genannten Nikotin Shots oder Base aufgefüllt werden müssen. Es sind somit eigentlich Zwischenprodukte, die an den Enddampfer abgegeben werden.

Das BfTG sieht dieser Auseinandersetzung gemäß eigener Aussage sehr gelassen entgegen.
Auf seiner Fanpage auf Social Media rief es soeben Händler dazu auf sich zu melden, wenn sie ebenfalls eine solche Abmahnung erhalten haben.

Die Abmahnung hat dementsprechend nach unserer festen Überzeugung keine Aussicht auf Erfolg!
Das BfTG hat einen entsprechenden Löschungsantrag beim Markenamt gestellt. Wir sind zuversichtlich, dass diesem stattgegeben werden wird und es sich mit der Marke bald gänzlich erledigt hat.
Wir rufen alle Händler, die eine entsprechende Abmahnung erhalten, auf, sich an uns zu wenden.
Bündnis für Tabakfreien Genuss, Facebook Fanpage, 27.09.2018

Unbestätigten Ankündigungen zu Folge sollte eine solche Abmahnung bereits während der Messe an andere Aussteller ergehen.
Derzeit liegen dazu aber keine weiteren Meldungen vor.

Für die Branche doppelt bedauerlich

Bedauerlich ist ein solcher Vorgang für die E-Zigarette insgesamt allemal.
Nicht nur weil hier offenbar ein Player versucht sich durch juristische Tricks Marktchancen zu sichern.

Auf einer so bedeutenden Messe wie der Intertabac muss der gesamten Branche daran gelegen sein sich zu positionieren und zu präsentieren. Denn die Messe wird natürlich von der Tabak Branche bestimmt, und diese ist der Dampfe nicht immer wohlgesonnen.
Und ausgerechnet da werden dann kleinteilige und wohlmöglich persönliche Unstimmigkeiten zwischen Einzelnen derartig breit getreten.

Ein Gesprächspartner der Messe bestätigte unter der Hand, was verschiedene Vertreter der Branche zuvor angedeutet hatten. Bei den vergangenen Messen war es immer wieder zu Unstimmigkeiten mit Niko Liquids gekommen.


Bericht zu German Flavours: https://www.vapers.guru/2018/02/28/dampferkette-vor-die-wand-gefahren/

German Flavours übernommen

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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