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Bundesministerium plant Gleichsetzung von nikotinfreien Produkten

„Rechtsvorhaben steht unter hohem Zeitdruck“

  • Werbeverbot bereits im Dezember 2019 beschlossen
  • Bundesministerium für Ernährung sendet Entwurf zur Konsultation aus
  • Gleichsetzung von nikotinhaltigen und nikotinfreien Produkten soll mit durchgebracht werden

Ende 2014 wurde die Tabakproduktrichtlinie (TPD, 2014/40/EU) von der europäischen Union beschlossen.
Sie sollte die Regulierungen zur Tabakzigarette in den Mitgliedsstaaten angleichen.

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Daraus wurde in Deutschland dann das Tabakerzeugnisgesetz, das im Februar 2016 eilig durch den Bundestag gebracht wurde.
Das Gesetz sieht vor, dass genauere Bestimmungen durch das Bundesministerium für Ernährung zu treffen sind. Dazu erließ dieses die Tabakerzeugnisverordnung.

Der Gesetzgeber erfüllte die TPD. Das bedeutet, er übernahm die Mindestforderungen. Ging aber nicht über diese hinaus.
Beispielsweise sind in UK und den Niederladen nur Verdampfer bis 2ml Volumen zulässig, was über die Forderung der TPD hinausgeht.

Nun will das BMEL die Bestimmungen verschärfen und damit erstmals über die Forderungen der TPD hinausgehen.

Werbeverbot seit Dezember durch

Ein Werbeverbot war zu erwarten. Zumindest wird es so verkürzt dargestellt.
Denn eigentlich handelt es sich nicht um ein Werbeverbot, da die Werbung für E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids längst verboten ist.

Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) forderte bereits 2019 ein umfassendes Werbeverbot auch für E-Zigaretten

Es handelt sich tatsächlich um eine Ausweitung auf Kino- und Außenwerbung.
Darauf hatten die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und CSU sich bereits im Dezember geeinigt. Was realpolitisch bedeutet, dass dies auch nach der ersten Lesung des Bundestages so beschlossen würde.
Politische Diskussionen sind unter einer großen Koalition nicht zu erwarten.

Heute Nachmittag wurde eine Konsultation von Dr. Jutta Schaub, Referatsleiterin Produktsicherheit, an verschiedene Interessenvertreter ausgesendet. Diese liegt VAPERS.GURU vor.
Darin enthalten ist der derzeitige Gesetzesentwurf. Dieser sei jedoch noch nicht auf Rechtskonformität geprüft und im Ressortkreis abgestimmt worden.

Gleichsetzung eingeflochten

Doch dieser Gesetzesentwurf offenbart noch etwas, das aus Sicht der Branche und der Konsumenten einen deutlichen Schritt weitergehen würde. Und über den zuvor in der öffentlichen Berichterstattung nichts zu lesen war.

Laut Bundesministerium sollen nikotinhaltige und nikotinfreie Produkte gleichgesetzt werden.

Zwar soll es eine zunächst positiv erscheinende Änderung des Paragraphen 14 geben. Die Begrenzung auf 10ml soll auch weiterhin nur für Liquids gelten, welche Nikotin enthalten.

Doch durch diesen Umweg wird erreicht, dass auch das Werbeverbot und andere Regulierungen für die inzwischen gängigen Short Fills gelten.

Übersicht

Eine Übersicht, was dieser Gesetzesentwurf in der Praxis bedeuten würde:

  • Die Außenwerbung für Produkte ist verboten. Dies beinhaltet auch Schaufensterwerbung der Shops. Frist für Tabakerhitzer Januar 2023, für E-Zigaretten 2024.
  • Die gewerbsmäßige Ausspielung von Produkten ist verboten. Frist Januar 2022.
    Das bedeutet, dass Händler und Influencer keine Gewinnspiele mehr durchführen dürfen.
  • Die kostenlose Abgabe von Produkten außerhalb der Geschäftsräume ist verboten. Frist Januar 2022.
    Das bedeutet, die Hersteller dürfen YouTubern und Influencern keine kostenfreien Samples mehr postalisch bereitstellen.
  • Die Tabakerzeugnisverordnung gilt auch für nikotinfreie Produkte. Also werden die Inhaltsstoffe auch für diese reguliert.
  • So genannte Basen soll es auch weiterhin in großen Abfüllungen geben.

Eine als positiv zu wertende Änderung:
Die Warnhinweise auf Verpackungen müssen nur noch angebracht werden, wenn das Produkt auch tatsächlich Nikotin enthält. Also auch nicht mehr auf Verpackungen von Verdampfern und Akkuträgern offener Systeme.



Unruhe am Markt zu erwarten

Was sich erst einmal harmlos anliest, kann zu weiterer Unruhe am Markt führen.
Denn es müssten nicht nur alle Verpackungen geändert werden.

Die bereits gebeutelte Szene der Influencer und YouTuber könnte durch diese Änderung weiter schrumpfen. Da viele sicher nicht den Aufwand und die Risiken werden tragen wollen.

Der Entwurf enthält auch handwerkliche Fehler, beispielsweise Überschneidungen mit anderen Bestimmungen.
In wie weit nikotinfreie Liquids dann angemeldet werden müssen oder kontrolliert werden ist völlig unklar.

Entgegen dem, was zuvor in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, geht es also um weit mehr als um ein Werbeverbot. Bei dem das Verbot für Kinowerbung weggefallen zu sein scheint.

Stattdessen werden durch leichte Umformulierungen Änderungen angestrebt, welche die in der Krise befindliche Branche weiter belasten könnten.

Warum das Rechtsvorhaben laut Anschreiben des Ministeriums unter hohem Zeitdruck steht, bleibt indes merkwürdig.
Fraglich ist auch, wie dies auf normale Aromen anzuwenden sein kann. Da diese de facto lediglich Lebensmittelaromen darstellen, die auch für andere Zwecke verwendet werden können.


Gesetzesentwurf im Original (Guru Server): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2020/02/GesetzesentwurfGleichstellung.pdf

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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