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Neues Rechtsgutachten: Werbeverbot ist verfassungswidrig

BVTE warnt CDU/CSU und SPD

  • BVTE veröffentlicht Gutachten zum geplanten Werbeverbot
  • Rennomierte Anwälte beurteilen den Gesetzesentwurf als verfassungswidrig
  • Ein gerichtliches Nachspiel ist wahrscheinlich

Der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) hat heute Morgen ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten veröffentlicht. (Link unten)

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In diesem kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass das geplante Werbeverbot aus mehreren Gründen der Verfassung sowie anderen Gesetzen widersprechen würde.

Die beauftragte Kanzlei Redeker Sellner Dahs mit Hauptsitz in Bonn gilt als renommierte Instanz. Sie verfügt auch über Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Leipzig, München und London.
In der langen Liste der Klienten finden sich zwei Bundespräsidenten, der Freistaat Sachsen, der Bundeskanzler Helmut Kohl und sogar der Bundesrat selber.

Alleine aufgrund dieser Reputation ist dieses Rechtsgutachten also durchaus ernst zu nehmen.

Das Gutachten

Das von Dr. Tobias Masing, Dr. Bettina Gausing und Dr. Korbinian Reiter gezeichnete Gutachten sieht im Entwurf zum geplanten Werbeverbot mehrere Verstöße gegen andere Rechtsvorschriften und sogar gegen die Verfassung.
Der Entwurf soll in dieser Woche noch in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet werden.

Die Beurteilungen wurden auf 21 Seiten teilweise durch vorherige Gerichtsurteile untermauert.

Eine Übersicht

  • Die „gewerbliche Außendarstellung“ fällt unter den Schutz der Berufsausübungsfreiheit. Dabei geht es beispielsweise um Vape Shops, die Ihr Angebot nach außen darstellen können müssen. Ein Verbot der Plakatwerbung würde dies durchbrechen.
  • Das geplante Verbot verstößt auch gegen die Meinungsfreiheit, da diese sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerung erstreckt.
  • Die Werbung ist bereits durch andere Gesetze weitgehend eingeschränkt. Würde sie weiter eingeschränkt, bliebe keinerlei Möglichkeit erhalten. Die Schwere eines solchen Eingriffs ist nicht zu rechtfertigen.
  • Studien belegen, dass die verbliebenen Möglichkeiten der Werbung lediglich Auswirkungen auf das Wettbewerbsverhältnis habe. Also der Präsenz der Hersteller untereinander. Da der Markt insgesamt seit Jahren schrumpft. Eine Auswirkung der Werbung auf Jugendliche ist anzuzweifeln.
  • Die geplanten Verschärfungen für die Werbung für E-Zigaretten lassen sich nicht durch den Gesundheits- und Jugendschutz rechtfertigen. Erst recht nicht für nikotinfreie Produkte, die kein Suchtpotential haben.
  • Der Gesetzentwurf blendet bezüglich der E-Zigaretten „zu Unrecht deren Potenzial zur Risikoreduzierung und deutlich ungefährlicheren Eigenschaften gegenüber der Tabakzigarette aus“. Dazu werden auch Ergebnisse des DKFZ und des BfR angeführt.
  • Das Gutachten geht auch auf die hohe Zahl (über 90 Prozent) der Konsumenten ein, die zuvor Tabakzigaretten geraucht haben und für die die E-Zigarette kein „Einstiegsprodukt“ ist.
  • Der Gesetzentwurf verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn der besagt nicht nur, dass Gleiches gleich zu behandeln sein, sondern Ungleiches auch unterschiedlich behandelt werden muss.
  • Das Werbeverbot könnte in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Da viele Plakatwerbungen, wie an Bushaltestellen, von den Kommunen selber betrieben werden.
  • Es ergibt sich keine Rechtspflicht aus der Tabakrahmenkonvention der WHO

„Vor dem Hintergrund des spezifischen Nutzerkreises der E-Zigaretten sowie deren gegenüber dem Tabakrauchen weitaus geringeren Risikopotentials erweisen sich die angedachten Werbeverbote als für den Gesundheitsschutz geradezu kontraproduktiv.“

Verfassungswidrigkeit neuer Werbeverbote für E-Zigaretten, Redeker Sellner Dahs, 30.06.2020


Mit der Einschätzung nicht alleine

Mit dieser aktuellen Einschätzung stehen die Rechtsanwälte keineswegs alleine da.

Bereits im November 2018 hatte der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht Dr. Christoph Degenhart gegenüber dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft starke Bedenken geäußert. (Link unten)
Dabei folgte er der gleichen Argumentation wie nun die renommierte Kanzlei.

Eine derartige Einschränkung würde die Meinungsfreiheit einschränken, die auch die kommerzielle Kommunikation unter Schutz stellt.

Darüber hinaus sprach er dem Bundestag sogar die Kompetenz einer Gesetzgebung zur Außenwerbung ab. Da diese bereits landesrechtlich geregelt ist.
Und da sich der Anteil der rauchenden Jugendlichen ständig verringert, sah er keine Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung mit der Begründung des Jugendschutzes.

Ein deutlicher Warnschuss

Ein solches Rechtsgutachten im Prozess der Gesetzgebung ist immer als deutlicher Warnschuss zu verstehen.

Es ist davon auszugehen, dass bei einer Verabschiedung gegen das entsprechende Gesetz vorgegangen und eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt wird.
So ist auch sicher die Äußerung des Geschäftsführers des BVTE Jan Mücke zu verstehen: „Das Gesetz wird einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten.“

Da das Rechtsgutachten von einer Verfassungswidrigkeit spricht, könnte das dann sogar bis zur höchsten Instanz gehen. Und auch das Rechtsmittel einer Verfassungsbeschwerde umfassen, die dann vom Verfassungsgericht beurteilt werden müsste.

Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Politiker sich dadurch von der Verabschiedung abhalten lassen. Es ist kein unübliches Verfahren.
Dennoch ist ein solches Rechtsgutachten durchaus geeignet, Unruhe in die politische Diskussion zu bringen.

Auch die gestrige Anhörung des Ausschusses zum Werbeverbot hat erneut gezeigt, dass Behauptungen durch Experten von den Politikern nicht hinterfragt werden. Und dadurch Lobbyisten mit wissenschaftlich falschen Aussagen Gehör und Glauben finden.

„Auch die anerkannte Tabak- Expertin des DKFZ Dr. Ute Mons merkt insofern an: »Jugendliche probieren vieles aus. Das heißt aber nicht, dass sie direkt regelmäßig E-Zigaretten konsumieren.«“

Verfassungswidrigkeit neuer Werbeverbote für E-Zigaretten, Redeker Sellner Dahs, 30.06.2020

Ausreichend Geld ist vorhanden

Das Geld für ein solches Verfahren dürfte allemal ausreichend vorhanden sein.

Im BVTE sind neben den E-Zigaretten Herstellern und Händlern Riccardo, Niko Liquids und der Quantus Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft mbH (Highendsmoke, im Besitz von BAT) auch British American Tobacco selber (Vype), Reemtsma (My Blu) und Japan Tobacco organisiert.

„Die geplanten umfassenden Werbeverbote für Tabakwaren und E-Zigaretten sind unverhältnismäßig und eine willkürliche Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Auch gesundheitspolitisch wäre es vollkommen kontraproduktiv, die Kommunikation zu potenziell weniger schädlichen Alternativen wie E-Zigaretten zu unterbinden, besonders wenn diese auch noch nikotinfrei sind.“

Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer BVTE, 30.06.2020

Gutachten im Original (Guru Server, PDF): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2020/06/GutachtenWerbeverbotEZigaretten.pdf
Stellungnahme Prof. Dr. Degenhart (Guru server, PDF): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2020/06/StellungnahmeDegenhart.pdf


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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