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Liquidsteuer: Ist das Dampfen tot?

Ein Appell

Gerne hätte ich zu dem, was ich sagen möchte, ein Video gemacht. Aber nach den vergangenen zwei Wochen und der letzten Nacht muss ein kurzer Kommentar reichen.

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Wir leben in einer erregungsbereiten Zeit. Alles erscheint immer ganz nah. Ob die Veganer mit einem VeggiDay in der Kantine die Weltherrschaft an sich reißen wollen oder ob man noch Zigeunerschnitzel sagen darf. Ob Giffey bei ihrer Doktorarbeit Mist gebaut hat oder Baerbock sich verplappert und Kobold anstatt Kobalt sagt. Wir haben den nächsten Aufreger immer in der Tasche.

Wir kommen aus der emotionalen Abwehrhaltung gar nicht mehr raus. Ständig auf 180, mit der Bereitschaft, uns auf Zuruf auf 210 zu steigern. Und dann wissen wir nicht wohin mit unserer Angst und unserem Frust und unserer Aggression und unserem Hass und dann tippen wir etwas in unser Handy.
Doch das Einzige, was wir damit erreichen, ist es, andere hochzufahren und runterzuziehen.

In der vergangenen Nacht wurde die Liquidsteuer beschlossen.
Ein ungeheuerlicher und skandalöser Vorgang. An dem ich die Einflussnahme der Lobby des ABNR und andere ablesen kann. Was ich auch gerne noch aufarbeiten und erklären möchte.

Was wird nur auf uns zukommen?

Aber was bedeutet das jetzt?
Nun, für über ein Jahr erst einmal gar nichts.

Und in diesem Jahr wird viel passieren.
Das BfTG hat eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Im September sind Bundestagswahlen. Und scheinbar werden die Grünen dann ein gehöriges Wörtchen mitzureden haben. Die eine Besteuerung gemessen am Schadenspotential fordern.

Im letzten Quartal wird die Besteuerung in Brüssel besprochen werden. Auch wenn das lediglich auf eine Mindestbesteuerung der Mitgliedsstaaten hinausläuft, wird das neue Diskussionsräume eröffnen. Zumal – und das ist wichtig – Deutschland das einzige Mitglied ist, in dem nikotinfreie und nikotinhaltige Liquids gleichgestellt sind.

Und Ende nächsten Jahres wird das Finanzministerium sich fragen lassen müssen, wie viel von den veranschlagten 135 Millionen Euro wirklich eingenommen wurden.



Wiederkehrende Untergansszenarien

Kaum jemand erinnert sich noch an die Untergansszenarien der vergangenen Jahre.

Vor der TPD2 wurde bereits das Dampfen für tot erklärt. Rap Songs wurden geschrieben, man forderte den Mut zur Wut und Dampfer entdeckten Petitionen für sich. Dann kam das aus der TPD entstandene Tabakerzeugnisgesetz. Und wieder wurde der Untergang des Dampfens prophezeit.

Ein Mentholverbot drohte, und sofort waren alle bereit, wieder Barrikaden auf den Straßen zu entzünden. Oder ersatzweise wenigstens ihren Unmut auf Social Media zu posten.
In den USA sollte die Zertifizierung durch die FDA eingeführt werden. Erneut fanden sich Untergangspropheten, die das Dampfen in den USA für tot erklärt haben.

Dann kamen Abmahnungen gegen YouTuber, die Social Media Blase drohte zu platzen. Erneut fanden sich die Barden des Untergangs, die das kommende Ende besangen.

Doch wenn ich mich so umschaue und darüber nachdenke, stelle ich fest, dass ich immer noch dampfe. Die gleichen Geräte, die gleichen Liquids, und immer noch sehr viel preiswerter als Zigaretten.

Und nun lese ich seit Stunden Kommentare, dass das Ende des Dampfens in Deutschland gekommen ist.
Einige wollen aufhören, andere wieder rauchen. Einer will seinen Vape Shop schließen, aus der hinteren Reihe ruft jemand etwas von Geldkoffern. Irgendwo weint ein Kind.
Und nebenbei ploppt eine Mail auf, ich könne jetzt schon mal preiswert 3 Liter Base bunkern.

Psychologische Erosion

Wenn jemand ständig ruft „Da kommt der Wolf“, glaubt man ihm irgendwann nicht mehr.

Psychologisch sehe ich eine Erosion.
Nicht durch Regulierungen und Angriffe. Sondern durch die gebetsmühlenartige Verkündigung des Endes des Dampfens. Dass dann irgendwie seit über sieben Jahren doch nicht eintrifft.
Wenn diese Szene, diese Online-Dampfer-Blase, diese selbsternannte Community zerfällt, dann nicht wegen der Regulierungen oder wegen Abmahnungen. Sondern weil ständig der selbstwirksame Narrativ einer von außen bedrohten Community nacherzählt wird.

Was mir dabei aber auffällt, ist die Unvereinbarkeit.
Denn auf der einen Seite beklagen sich Konsumenten und Unternehmer ständig. Und hauen ihren emotional empfundenen Frust in die Tasten. Auf der anderen Seite scheint aber kaum jemand bereit, sich über das Kommentieren hinaus zu engagieren.

Da sehe ich das eigentliche Problem. In einer aufgesetzten, oberflächlichen und zumeist kurzlebigen Anteilnahme. In der Angst und der Frustration. Die andere mitreißt. Und dann passiert doch kaum etwas, weder zum Guten noch zum Schlechten.
Der Mensch ist nicht dafür gemacht, angespannt in Abwehrhaltung zu verharren. Diese ständige Bereitschaft zu Flucht oder Angriff hält er nicht lange durch.

Angst ist ein schlechter Ratgeber

Viel sinnvoller wäre es, innezuhalten und sich zu besinnen. Was das, worüber man sich aufregen will, tatsächlich mit einem persönlich macht. Wie weit es wirklich in den eigenen Erlebnishorizont vordringt.

Ich persönlich mache mir keine Sorgen. So gar keine.
Aber wer bin ich schon?
Wer bin ich, dass ich meine Bedürfnisse über die Tobacco Harm Reduction für über 12 Millionen Raucher stellen kann? Wäre es nicht nur völlig unzutreffend, sondern sogar dreist, zu glauben, mein innerer Widerstand dagegen reguliert zu werden sei wichtig?
Geht es nicht um viel mehr?

Ich frage mich, woher diese Vorstellung vieler Dampferinnen und Dampfer kommt, man würde jetzt einmal einen Kampf kämpfen, und wenn der Schlachtenlärm verklungen ist, wäre alles wieder gut. Und die Gesundheitslobby, die Pharmalobby und die Politik würde einen in Ruhe lassen. Woher nur?

Das Dampfen ist in der Welt. Und es ist gekommen um zu bleiben.
Es ist eine Technik. Eine alternative Form Nikotin zu konsumieren, um nicht rauchen zu müssen.
Das geht nicht einfach weg.
Der Kampf, den die E-Zigarette zu kämpfen hat, wird ein langer sein. Er wird über Jahrzehnte dauern. Um Menschen eine Alternative anbieten zu können.

Und dann sitze ich hier und lese diese Kommentare. Nach sieben Jahren Arbeit und Engagement. Nach zwei höllischen Wochen und einer durchgearbeiteten Nacht. Und ich möchte sie nehmen, die Dampfer. Sie nehmen und schütteln.
Nicht aus Wut. Mehr wie jemand, der seinen besoffenen Kumpel aufwecken will.

Mit dieser ständigen Angst zu scheitern wären keine Pyramiden gebaut worden, Edison hätte die Glühbirne nicht erfunden und Einstein hätte sein Leben beim Patentamt Bern bestritten.
Was ist das nur, diese Lust der Dampfer an der Prognose des Scheiterns? Ist das die German Angst, von der die Amerikaner sprechen?

Seneca schrieb schon vor fast 2000 Jahren „Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt.“

Nicht nur, dass die meisten offenbar nicht in der Lage sind, groß zu denken.
Sie merken gar nicht, wie oft sie schon gefallen und wieder aufgestanden sind.


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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