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Leserfrage: Ist Dual Use schlimmer als Rauchen?

Woher die Behauptung kommt und was dran ist

In der vergangenen Woche kam in unserer Facebook Gruppe die Frage auf, ob Dual Use schädlicher ist, als wenn man nur eins von beidem tut. Also ob es schädlicher ist, wenn jemand – beispielsweise beim Umstieg – Zigaretten und E-Zigarette nutzt.

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Die Frage wird häufig gestellt, weshalb ich sie hier nochmal aufgreifen möchte. Nicht, weil die Antwort so spektakulär wäre. Sondern weil es eigentlich das Paradebeispiel schlechthin ist, wie gezielte Desinformation die Menschen verunsichert und womöglich von einem Umstieg abhält. Oder sogar von dem Versuch eines Umstiegs.
Denn im Netz finden sich viele Beiträge, die das behaupten.

Die Frage selber ist sehr leicht zu beantworten:
Es gibt dafür keinen Hinweis. Es gibt nicht einmal eine Theorie, warum es so sein sollte.

Jede nicht gerauchte Kippe ist eine gute Kippe. Und wenn ein Umsteiger oder ein Raucher, der den Umstieg nicht ganz schafft, eine Zigarette durch die E-Zigarette ersetzt, hat er zumindest nichts Schlechtes getan.

Man sollte allerdings anmerken, dass wer seinen Tabakkonsum beispielsweise um die Hälfte reduziert, damit nicht automatisch das Risiko um 50 Prozent reduziert. Aber das sind statistische Spielereien, die noch nie am Menschen gemessen und nachgewiesen wurden.

Der Professor der Medizin

Prof. Dr. Stanton Glantz

Die Behauptung, Dual Use sei sogar schädlicher als nur zu rauchen, geht auf eine einzige Studie zurück. Nämlich von Prof. Dr. Stanton Glantz.

Glantz ist ein Professor der Medizin, hat aber niemals Medizin studiert. Eigentlich ist er Ingenieur und hat Modelle zur Berechnung des Herzmuskels angestellt. Er hat sich bereits in den 1980ern als Nichtraucher-Aktivist etabliert und wurde von Johnson & Johnson gefördert.
Seine Organisation erhielt von dem Nicorette Hersteller über 22 Millionen Dollar und weitere Zuwendungen für bestimmte Projekte. Und sie bekam viel Geld vom Gesundheitsministerium.

2002 gab Johnson & Johnson auch 10 Millionen an die Universität in San Francisco, um das „Zentrum für Rauchstopp“ („Center for Smoking Cessacion“) zu gründen. Und genau da wurde Glantz dann 2005 zum Professor ernannt. Zufälle gibt’s…



Die Studie

Im Juni 2019 veröffentlichte Glantz zusammen mit Dharma Bhatta eine von der Amerikanischen Herz Gesellschaft bezahlte Studie. In dieser Studie kam man zu dem Schluss, dass E-Zigaretten das Risiko eines Herzinfarktes verdoppeln. Und wenn jemand gleichzeitig raucht und dampft, sich das Risiko sogar verfünffacht.

Das wurde dann im Journal der Amerikanischen Herz Gesellschaft (JAHA) veröffentlicht, wo Glantz zufälligerweise auch Editor war. Also darüber mitentschied, was veröffentlicht wird.
Und die ganze Nummer wurde dann öffentlichkeitswirksam aufgemacht, mit Pressemitteilung und Artikel in „EurekAlert!“. Natürlich sprangen alle Medien darauf an.

Tatsächlich hatte Glantz dafür aber nicht einen einzigen Versuch gemacht, geschweige denn auch nur einen Menschen untersucht.
Er hat einfach die Zahlen der jährlichen Erhebung „PATH“ genommen, die auf Selbstauskunft beruht. Dort wurde unter anderem abgefragt, ob die Menschen rauchen, ob sie E-Zigaretten nutzen und ob bei ihnen schon einmal ein Herzinfarkt diagnostiziert wurde. Das hat er gegenübergestellt und kam so zu dem Ergebnis.

Herzinfarkte, bevor es E-Zigaretten gab

Das ist nicht nur ungenau, es widerspricht sogar allen Regeln der empirischen Wissenschaft. Ein Sturm der Entrüstung brach in Wissenschaftlerkreisen los. Jeder Student würde für so etwas durchfallen.
Denn damit konnte ja nichts nachgewiesen werden. Es wurde weder abgefragt, wie lange oder wieviel die Menschen geraucht oder gedampft haben, noch ob sie vorm Dampfen auch geraucht haben.
Als dann auch noch herauskam, dass viele Herzinfarkte vorgefallen waren, bevor es überhaupt E-Zigaretten gab, musste das Journal die Studie zurückziehen. (Link unten) Was unter Wissenschaftlern einer öffentlichen Ohrfeige entspricht.

Richtig gelesen: Es wurden sogar Fälle einberechnet, in denen Raucher einen Herzinfarkt hatten, bevor es überhaupt E-Zigaretten gab.

Beispiel: Ein Raucher erleidet 2001 einen Herzinfarkt. Danach kann er nicht aufhören, raucht also weiter. 2009 steigt er auf die E-Zigarette um und ist seitdem quietschfidel. Trotzdem landet er Jahre später in Glantz Studie als Beweis, dass Dampfen das Risiko erhöht.

Nicht nur, dass diese Presseartikel nach wie vor im Netz sind. Diese Studie wird trotzdem noch als Nachweis von Behörden und Gegnern der E-Zigarette als Beweis herangezogen. Aktuell auch von der EU-Komission.

Nochmals: Jede nicht gerauchte Zigarette ist eine gute Zigarette.
Es gibt nicht einmal eine Theorie, warum Dual Use schlimmer sein sollte als zu rauchen.


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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