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Zoll: Selbermischen von Liquids ist steuerpflichtig

Antwort auf Presseanfrage schafft Klarheit

Derzeit gibt es eine große Verunsicherung, sowohl bei Konsumenten als auch in der Branche. Es geht um die Frage, ob die private Herstellung von Liquids aus unversteuerter Komponenten strafbar sein könnte. Der Zoll nimmt eine sehr eindeutige Position ein.

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Mitte dieses Jahres wird die modernisierte Tabaksteuer wirksam, die dann auch die Besteuerung von Liquids für E-Zigaretten vorsieht.
Entgegen der ersten Entwürfe des Gesetzes wird diese Liquidsteuer jedoch nicht auf nikotinhaltige Flüssigkeiten erhoben. Sondern auf alle Flüssigkeiten, die zum Konsum mittels E-Zigarette angeboten oder verwendet werden.

In der Praxis bedeutet das, dass für einen Liter Glycerin, der im Fachhandel verkauft wird, in der letzten Stufe 320,- Euro Tabaksteuern fällig werden. Während er in einem Baumarkt oder medizinischen Fachhandel weiterhin für 10,- Euro zu haben sein wird.

Das stellt die Einzelhändler vor große Probleme. Denn Dampferinnen und Dampfer sind sehr preisbewusst. Der Kostenvorteil gegenüber Tabakzigaretten wird in allen Umfragen als einer der wichtigsten Gründe für den Umstieg auf die deutlich weniger schädlich Alternative angegeben.

Das bedeutet wiederum, dass weniger Raucher umsteigen werden. Und vermutlich tausende Arbeitsplätze in der Branche gefährdet sind.
Und es bedeutet, dass viele Dampferinnen und Dampfer sich alternative Bezugsquellen für die Komponenten zum Selbermischen suchen werden. Denn Aromen, Propylenglykol und Glycerin wird es weiterhin außerhalb des Fachhandels steuerfrei geben.

Ist es Steuerhinterziehung?

Es steht also die Frage im Raum, ob es eine Steuerhinterziehung darstellt, wenn man unversteuerte Produkte mischt und dampft.

Mehrere Nachfragen führten zu keinem Ergebnis. Denn offenbar haben die ganze Branche und ihre Vertreter sich ausschließlich darauf konzentriert, wie es sich mit Produkten verhält, die sie selber vertreiben. Also die versteuert sind und werden.

Dass das Mischen bereits versteuerter Komponenten keine weitere Steuerpflicht auslöst, hat der Zoll frühzeitig klargestellt.

Eine Presseanfrage hat der Zoll recht zügig und inhaltlich kompetent beantwortet.

Steuerpflicht auch beim Mischen unversteuerter Komponenten

Unter anderem erklärte die Pressestelle des Leitungsstabes Kommunikation, beim Erwerb „von unversteuerten Mischkomponenten für sog. Liquids außerhalb des Fachhandels, liegt vermutlich (noch) keine Zweckbestimmung zur Verwendung als Substitut für Tabakwaren vor.“
Das bedeutet nichts anderes, als dass es ja nicht nachweisbar ist, ob ein Dampfer sein Aroma nun für Liquids oder Milchshakes kauft.
Auch das ist nachvollziehbar und nicht diskussionswürdig. Doch dann geht es weiter.

„Eine derartige Zweckbestimmung wird jedoch mit dem Herstellen der rauchfertigen Substanz durch das Mischen der unversteuerten Mischkomponente getroffen.“

Generalzolldirektion, Leitungsstab Kommunikation, Pressestelle, auf Anfrage, 27.01.2022

Das bedeutet, in dem Moment, in dem jemand beispielsweise unversteuertes Propylenglykol, Glycerin, Aroma und womöglich Nikotin vermischt, ist das eine Herstellung eines Produktes, das versteuert werden müsste.

Genauer gesagt stellt „eine Herstellung ohne Erlaubnis als Steuerlagerinhaber gemäß § 15 Absatz 2 Nummer 2 i.V.m. § 6 Tabaksteuergesetz (TabStG) dar.“

„Steuerschuldner gemäß § 15 Absatz 4 TabStG ist der Hersteller und jede an der Herstellung beteiligte Person und damit der Mischende als herstellender Endverbraucher. Er hat unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben; die Steuer ist sofort fällig.“

Generalzolldirektion, Leitungsstab Kommunikation, Pressestelle, auf Anfrage, 27.01.2022

Das ist auch deshalb entscheidend, da ein Endverbraucher – also Dampfer – als Privatperson gar nicht die Möglichkeit hat, „Steuerlagerinhaber“ zu werden. Er begibt sich mit dem Mischen bereits auf illegales Terrain.

Ausweg Kaffeesteuer?

Nun gibt es Diskussionen darüber, ob das Mischen überhaupt eine Steuer entstehen lässt. Diese so genannte Steuerentstehung ist im bereits bestehenden Tabaksteuergesetz geregelt.

Zwar steht im dann neu gefassten Tabaksteuergesetz in § 1b, für „die Entstehung der Tabaksteuer und den Zeitpunkt, der für ihre Bemessung maßgebend ist […] gelten die diesbezüglichen Vorschriften für die Kaffeesteuer nach dem Kaffeesteuergesetz […] sinngemäß.“
Das hat einige dazu verleitet zu argumentieren, dass die Herstellung von Kaffee aus unversteuertem Rohkaffee für den Privatgebrauch keine Steuerentstehung darstellt. Dafür also keine Steuer fällig wird.

„Hierbei ist die Verwendung des Fertigerzeugnisses zu privaten Zwecken unerheblich, da bei der Herstellung von Substituten für Tabakwaren für den eigenen Bedarf kein Steuerbefreiungstatbestand vorgesehen ist.“

Generalzolldirektion, Leitungsstab Kommunikation, Pressestelle, auf Anfrage, 27.01.2022

Ein längeres Gespräch mit einem Rechtsanwalt brachte auch da eine Klärung.
Das Kaffeegesetz ist bei der Steuerentstehung heranzuziehen. Aber nicht bei der Steuerbefreiung. Diese hätte in der Aufzählung irgendwo im Tabaksteuergesetz genannt werden müssen. Oder der eindeutige Verweis auf das Kaffee-Gesetz. Und das wurde sie nicht.



Nachweispflicht beim Zoll

Damit ist deutlich, dass beim Selbermischen unversteuerter Komponenten nach Auffassung des Zolls eine Steuerschuld entsteht. Und dass sich strafbar macht, wer diese Steuer nicht bezahlt.

Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass Konsumentinnen und Konsumenten nachweisen müssen, ihr Liquid gekauft oder aus versteuerten Komponenten gemischt zu haben. Denn die Beweislast dafür liegt beim Zoll bzw. bei der Staatsanwaltschaft.

Würde ein Dampfer überprüft werden, müssten Zoll bzw. Staatsanwaltschaft nachweisen, dass sein Liquid aus unversteuerten Komponenten gemischt wurde.
Da die Steuerpflicht aber durch die Zweckverwendung entsteht, dürfte das kaum nachweisbar sein. Und dem jeweiligen Aufwand auch nicht angemessen.
Was natürlich anders aussehen könnte, wenn jemand literweise Liquids mischt, die er selber gar nicht konsumieren kann. Stichwort Schwarzmarkt.

Vermutlich blieb deshalb auch die Frage danach, wie der Zoll das in Zukunft kontrollieren wolle, unbeantwortet. Es ist in der Praxis bei einigen zehn- oder hunderttausend Selbstmischern nicht zu kontrollieren.

Interessen von Handel und Konsum trennen sich

Es ist verwunderlich, dass die Branche – die Hersteller, Händler und Interessenvertretungen -, sich offenbar kaum mit dieser Frage beschäftigt haben. Es entsteht der Eindruck, man wolle Mittel und Wege finden, um das Gesetz ohne Aufwand hinzunehmen. Um die eigenen Umsätze nicht zu gefährden.

Einige verschließen vor dem Problem vielleicht die Augen. Es muss auch den Einzelhändlern klar sein, dass in einigen Jahren kaum jemand Aroma bei ihnen kaufen wird, das mit 32 Cent pro Milliliter beaufschlagt ist. Wenn es genug Anbieter im Netz gibt, die unversteuerte Aromen legal anbieten.
Ganz zu schweigen von 320,- Euro für PG und VG, die es eine Tür weiter für 10,- Euro gibt.

Das wird höchstens dazu führen, dass viele derjenigen, die solche Produkte derzeit herstellen und gezielt für den Fachhandel anbieten, im Grunde aus der Branche aussteigen werden. Um ihre Produkte weiter legal unversteuert anbieten zu können. Was die Branche insgesamt weiter schwächen dürfte.
Und es wird dazu führen, dass Convenience Produkte – wie vorbefüllte Kartuschen – einen weiteren Vorteil haben werden. Das Selbermischen ist vom Aussterben bedroht.
Politisch argumentieren kann man dagegen kaum. Denn es führt ja automatisch zu dem Gegenargument, Steuerhinterziehung begünstigen zu wollen.

Bemerkenswert ist, dass man insgesamt eher das Signal sendet, die mögliche Uninformiertheit von Dampferinnen und Dampfern dadurch auszunutzen. Man stellt sich auf die Seite dieses unsinnigen Gesetzes. Denn bezhalen müssen es ja die Endkunden.

Es wird wohl nie passieren

In der Recherche haben mehrere Vertreter des Gewerbes eingeräumt, dass es ein Ende der Branche bedeutet würde, wenn das Selbermischen von unversteuerten Komponenten legal bliebe.
Es könnte aber auch ein Ende des Gesetzes in dieser Form bedeuten. Weil es die ganze Absurdität dieses Ergebnisses der Nachverhandlungen offenbaren würde. Das könnte sogar Auswirkungen auf eine mögliche Verfassungsbeschwerde haben.
Mit einer nikotinbasierten Besteuerung wären alle besser gefahren. Sogar der Zoll.

Alles hängt an der Frage, ob die Ausnahme der Steuerpflicht aus dem Tabaksteuergesetz hervorgeht. Die es nach Einschätzung des Zolls und des Anwalts nicht gibt. Oder auch ohne die eindeutige Nennung in einer Aufzählung im Tabakgesetz aus dem Kaffeegesetz hervorgeht. Wo die private Herstellung steuerfrei ist.

Nochmal: Man darf zu Hause Tabak anpflanzen, ihn trocknen, schneiden und rauchen. Ohne dafür Tabaksteuer zahlen zu müssen. Man darf unversteuerten Rohkaffee kaufen, rösten und trinken, ohne dass man Kaffeesteuer zahlen müsste. Mischt man aber unversteuerte Komponenten zu einem Liquid für die E-Zigarette, wird Steuer fällig.
Wenn das keine Ungleichbehandlung ist, was dann?

Es wäre eine Aufgabe der Konsumentenverbände, sich einzusetzen und eventuell juristische Gutachten einzuholen. Oder das gegenüber der Politik zu kommunizieren.
Denn ansonsten kann man das nur mit endgültiger Gewissheit sagen, wenn ein Dampfer mal dafür vor Gericht landet. Und es zur Not auch über die Instanzen boxt.
Was wohl nie passieren wird.

Jetzt ist Stand: Selbermischen unversteuerter Komponenten ist demnächst Steuerhinterziehung.


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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