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Juul verboten – Verkaufsstopp ausgesetzt

Politik, nicht Gesundheit

In der vergangenen Woche hat die FDA einen Verkaufsstopp für Juul angeordnet. Das Thema ging auch hierzulande durch die Medien. Von Interesse ist dabei vor allem die Beteiligung von Altria. Worum es wirklich geht, ist kaum zu erkennen.

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Die Tobacco Free Kids machten mobil. Mit bunten Plakaten demonstrierten Schüler und Eltern in San Francisco für ein Verbot von „Flavours“ in E-Zigaretten. Also allem, was nach etwas anderem als Tabak schmeckt. Das würde nur Jugendliche an die Droge Nikotin führen.

Was sich anhört und auch auftrat wie eine Schul-AG, ist in Wirklichkeit ein millionenschwere Lobbyorganisation. Alleine 2016 gab der Pharmariese Johnson & Johnson – der Hersteller der Nicorette – über 45 Millionen Dollar an die Initiative. Plus über 35 Millionen für einen Fund, aus dem solche Demonstrationen bezahlt werden. Der Philanthrop Bloomberg ist 2019 auch noch mit 160 Millionen eingestiegen.

Den größten Batzen nahm sich jedoch die „Truth Initiative“ mit. Die bekam gleich über eine Milliarde. Nur in dem Jahr. Mit einem solchen Budget schaltete sie Spots auf MTv und beim Superbowl.

Und so kam es dann auch. Bundesstaat für Bundesstaat verbot nach und nach alle Geschmacksrichtungen außer Tabak. Obwohl der Zusammenhang nicht belegt ist. Auch erwachsene Ex-Raucher bevorzugen Fruchtaromen in ihrer Dampfe.

Zulassung durch die FDA

Etwa zur gleichen Zeit wurde die FDA auf das Thema E-Zigarette aufmerksam. Mit ihren 13.500 Mitarbeitern gehört die Food and Drug Administration zu den mächtigsten zivilen Behörden weltweit. Jedes Medikament und jedes Lebensmittel, das an den US-Markt will, muss an ihr vorbei.

So verkündete sie, dass E-Zigaretten und Liquids demnächst eine PMTA, eine „Premarket Tobacco Product Application“ beantragen müssen. Eine Zulassung um an den Markt zu dürfen, bevor das Produkt am Markt ist.

Dafür sind unter anderem auch wissenschaftliche Tests gefordert. Die so viel kosten, dass kleine und mittelständige Hersteller von Liquids und E-Zigaretten sich das nicht leisten können.
Es war klar, wohin die Reise gehen sollte: Die großen Unternehmen mit wenigen Produkten wurden bevorzugt, Flexibilität unerwünscht.

Dabei gestand die FDA sich gleich noch ein wenig mehr Macht zu. Denn in einem solchen Antrag soll der Antragsteller nachweisen, dass sein Produkt einen Vorteil für die öffentliche Gesundheit bringt.
Wie er das Nachweisen soll, wird nicht erklärt. Wissenschaftlich ist es zumindest gar nicht möglich.
Und als Hintertürchen eingebaut: Die FDA muss eine Ablehnung nicht begründen.

Altria steigt und FDA schränkt ein

Mindestens seit 2018 liegen FDA und Juul Labs, die Hersteller der Juul aus San Francisco, nun im Schlagabtausch. Aus Deutschland hat Juul sich inzwischen zurückgezogen. Und in den USA kam man dem von der Pharma-Lobby geforderten verbot von „Flavours“ zuvor und nahm die Produkte vom Markt.

Für das behördliche Wohlwollen wird auch nicht hilfreich gewesen sein, dass der Altria Konzern 2018 bei Juul einstieg. Der in den USA die Marlboro herstellt. Mit 35 Prozent für umgerechnet 12,8 Milliarden Dollar. Von denen er im darauffolgenden Jahr wegen der wegfallenden Aromen gleich 4,5 Milliarden abschreiben musste.
Juul musste 500 Mitarbeiter entlassen.

Nun hat die FDA mit aller Kraft zurückgeschlagen.
In der vergangenen Woche verkündete sie ein völliges Verbot. Nach zweijähriger Prüfung. Produktion und Handel müssen eingestellt werden, alle Produkte sofort aus den Regalen entfernt werden.



Gericht schon eingeschaltet

In einem ersten Statement begründete die FDA das damit, dass Juul Labs versäumt hätte, entsprechende Zahlen zu liefern. Beziehungsweise diese würden sich widersprechen. Es gebe keine ausreichenden Daten über „möglichen toxikologischen Gefahren“ und eine „mögliche Veränderung des Erbgutes“.

Vielleicht ist jemandem in der Behörde klar geworden, dass man gegen eine solche Aussage vielleicht juristisch vorgehen könnte. Und so gab es ein zweites Statement, in dem darauf verwiesen wurde, Juul hätte nicht überzeugend dargelegt, dass ihr Produkt für die öffentliche Gesundheit vorteilhaft wäre.

Juul hat kaum 24 Stunden später reagiert. Inzwischen hat ein Bundesgericht das Verkaufsverbot aufgehoben. So lange, bis Juul Zeit hat, entsprechend dagegen vorzugehen. Vermutlich wird es erst einmal auf eine einstweilige Verfügung hinauslaufen. Das Ziel dürfte aber sicherlich sein, die FDA zu zwingen, ihre Entscheidung zu begründen.

Denn, und das wird in den deutschen Medien vernachlässigt, die FDA hat anderen E-Zigaretten die Genehmigung längst erteilt. Unter anderem der Vype aus dem Hause British American Tobacco und dem US-Platzhirschen NJoy.

Nichts als Politik

Die Berichterstattung in den deutschen Medien ist zum Teil oberflächlich. Zum Teil werden auch schlichte Falschaussagen reproduziert.

Häufig ist zu lesen, dass das Verbot sich auf angeblich „jahrelange“ Werbung beziehe, die sich gezielt an Jugendliche gerichtet hatte. Doch dafür ist Juul bereits im ersten Jahr gescholten worden und hat es ab spätestens 2018 unterlassen. Zumal die Werbung allerhöchstens als jugendaffin zu bezeichnen wäre. Denn bunte Farben und glückliche junge Menschen sind nun einmal der Stereotyp von Werbung.

Es geht um nichts weniger als ein Politikum. Man kann nur zu dem Eindruck kommen, eine mächtige Behörde will einem Unternehmen zeigen, wer am längeren Hebel sitzt.


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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