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Gesetzliche Gleichstellung mit und ohne Nikotin

Zur geplanten Gesetzesänderung

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Bereits vor der Sommerpause stand eine Gesetzesänderung ins Haus, die auch uns Vaper betreffen würde. Und natürlich alle Händler und Hersteller. Es handelt sich dabei um eine so genannte Gesetzesverschärfung, da sie einige Sachen strenger reguliert als sie bis jetzt reguliert sind.

Das Thema wurde wieder aufgewirbelt, nachdem die Westdeutsche heute über den Streit innerhalb der Koalition berichtete. Da sich viele, vor allem innerhalb der CDU, aus verschiedenen Gründen gegen die Gesetzesänderung wehren. Bei dem Streit geht es aber eigentlich nur um das Tabakwerbeverbot, das in der gleichen Gesetzesänderung steht.

Was die allermeisten Dampfer, aber auch die Hersteller und Händler, daran interessiert, ist wohl die Frage, wie mit nikotinfreien Liquids umgegangen werden soll. Über allem steht die Frage, ob die Größenbeschränkung von 10ml auch für nikotinfreie Liquids auf uns zukommt.

Die Gerüchteküche brodelt wieder

vgmengepic2Dazu rauschen sehr viele Gerüchte durch den Dschungel des Internetz. Viele verstehen nicht, wie die Regelung jetzt ist. Und erst recht nicht, wie sie nach der Gesetzesänderung sein würde.
Wie wir bereits berichtet haben, wird die Stimmung vor allem auch dadurch angeheizt, dass der Konsumentenverband IG-ED fordert, Liquids und Basen mit und ohne Nikotin nicht gleichzustellen. Ob das beim Konsumenten überhaupt ankommen würde, scheint dabei völlig egal zu sein. Daher wird auch nicht mit Superlativen gespart. („Kämpfe mit uns für die Freiheit!“)

Deshalb wird vapers.guru noch einmal detailliert erklären, was derzeit eigentlich Stand der Dinge ist, und was sich bezogen auf die Abgabemenge durch die Gesetzesänderung ändern würde. Damit Ihr mal seht, womit man sich hier rumschlagen darf.
Wie immer der Hinweis: Dies ist keine Rechtsbeihilfe. Aber wir verlinken die Originale und geben die Quellen, so dass nicht nur die Dampfer, sondern vielleicht auch der ein oder andere Händler weiß wo was steht und wie es gemeint ist.

Jura ist etwas… speziell

Zunächst muss man dazu sagen, dass Jura eine eigene Sprache hat. Genau wie Medizin oder Psychologie. Die ersten Semester verbringt ein Student damit, diese Fremdsprache zu erlernen.
Bei Jura ist es sehr wichtig, dass man alles Stück für Stück nacheinander aufdröselt.
Es ist ein wenig wie bei einem Überraschungsei: Baut man es zusammen und lässt zwischendurch einen Schritt aus, hat man nachher anstatt einem kleinen Hund auf einem Surfboard einen nuklear betriebenen Teilchenbeschleuniger.

Die TPD ist für Dampfer irelevant

Alle sprechen immer von der TPD, der Tabakproduktrichtlinie. Offiziell der Richtlinie 2014/40/EU. Auch Leute, die es eigentlich besser wissen sollten. Das ist an sich nämlich schon falsch. Denn die TPD spielt für uns überhaupt keine Rolle. Niemand landet vor einem europäischen Gerichtshof, wenn er gegen die TPD verstößt.
Die Richtlinie ist eine Anweisung an die Staaten, entsprechende Gesetze zu erlassen, die dieser Richtlinie entsprechen. Mehr nicht.

Entscheidend ist das nationale Gesetz

vgausspic1Deutschland hat das getan. Es hat ein Gesetz erlassen, dass jetzt für uns gültig ist. Das Tabakerzeugnisgesetz. Offiziell heißt das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“.
Dieses Gesetz ist bereits wirksam und in Kraft.
Darin sind aber Übergangsfristen angegeben (§ 47). Nach denen darf bis November alles weiter so produziert werden wie bisher. Die Einschränkungen gelten erst ab Mai 2017. Erst dann wird auch die Beschränkung auf 10ml endgültig wirksam.
Also darf jeder Hersteller bis November noch so viel produzieren wie er will und es bis Mai noch verkaufen.

Der Stand der Dinge

Das ganze Gesetz hat knapp 50 Paragraphen. In denen geht es darum, wer wozu ermächtigt wird, wie der Fernhandel reguliert wird, wer wofür wo werben darf, und so weiter. Nur vier Paragraphen (§§ 13 bis 16) beschäftigen sich explizit mit der E-Zigarette.
Die Bestimmung, dass Liquids und Basen nur noch bis 10ml abgegeben werden dürfen, findet sich in § 14.

§ 14, Abs. 1: Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter dürfen nach Maßgabe des Satzes 2 nur in den Verkehr gebracht werden, wenn
1. Nachfüllbehälter ein Volumen von höchstens 10ml haben, […]

Richtig, da steht nix von Nikotin. Also wozu der Aufstand?

Im § 1 des Gesetzes, den „Begriffsbestimmungen“, steht aber, dass für das Gesetz die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2014/40/EU bestimmend sind. Also der TPD der EU.
Jetzt muss man natürlich da gucken, was da drin steht. Und siehe da…

Artikel 2, 17: „Nachfüllbehälter [ist] ein Behältnis, das nikotinhaltige Flüssigkeit enthält, die zum Nachfüllen einer elektronischen Zigarette verwendet werden kann; […]

Da haben wir es, da steht „nikotinhaltige“. Das heißt, Liquidfläschchen die Flüssigkeiten enthalten, die kein Nikotin enthalten, sind nach diesem Gesetz gar keine Nachfüllbehälter. Sie sind also gar nicht reguliert.
Und daraus ergibt sich der Stand den wir derzeit haben:
Basen und Liquids die kein Nikotin enthalten, dürfen weiterhin in allen Mengen verkauft werden. Denn sie sind nicht weiter erwähnt.

Die geplante Gesetzesänderung

In dem Entwurf zur Gesetzesänderung (Drucksache 18/8962 vom 28.06.2016) steht bereits im Vorwort der unheilschwangere Satz, der offenbar die Panik ausgelöst hat. Darin heißt es:

Ergänzend zu den Vorgaben der Richtlinie sollen auch nikotinfreie elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter durch Gleichstellung mit nikotinhaltigen Erzeugnissen reguliert werden.

Um das im Gesetz umzusetzen, soll nun in den Begriffsbestimmungen, die auf die TPD verweisen, folgender Satz eingefügt werden:

Artikel 2 Nummer 16 und 17 gilt mit der Maßgabe, dass die dort bezeichneten Begriffe auch nicht nikotinhaltige elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter umfassen.

Der Satz, den wir oben zitiert haben, würde dadurch ergänzt.
Dadurch würden die nikotinfreien Basen und Liquids tatsächlich den nikotinhaltigen gleichgesetzt und dürften auch nur noch in 10ml Fläschchen verkauft werden.

Liest man die Gesetzesänderung dann aber weiter durch, erscheint weiter unten noch eine Ergänzung.

§ 14 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden nach den Wörtern „Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter“ die Wörter „die Nikotin enthalten,“ eingefügt.

Der Satz lautet dann wie folgt:

§ 14, Abs. 1: Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter dürfen nach Maßgabe des Satzes 2 nur in den Verkehr gebracht werden, wenn
1. Nachfüllbehälter die Nikotin enthalten, ein Volumen von höchstens 10ml haben, […]

Und damit hätten wir sinngemäß wieder genau den gleichen Zustand wie vor der Änderung. Nämlich dass nikotinfreie Basen und Liquids in allen Größen verkauft werden dürften.

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Wozu der ganze Scheiß?

Aber was soll der ganze Aufwand, wenn nachher eigentlich das Gleiche da steht wie vorher auch. Nur dass die Bezüge und Verweise geändert wurden?
Die Gesetzesänderung enthält ja noch viel mehr. Unter anderem das Werbeverbot. Da diese Änderung in diesem speziellen Fall also eine reine Paragraphendreherei ist, spricht man auch von „formaljuristisch“. Es hat auf den Konsumenten keine Auswirkung.

Zunächst einmal kann das Gesetz ja nur verbieten. Das Gesetz kann nichts erlauben. Dazu sind Gesetze nicht da.
„Man darf keinen töten“ leuchtet ein. „Man darf Menschen leben lassen“ ist aber völlig absurd.
Also muss sehr genau definiert sein, was verboten ist.
Dort stand bisher aber etwas, das wir bereits als „Gesetzeslücke“ bezeichnet haben. Und dafür wieder angefeindet wurden. Denn eigentlich stand ja eben nichts da.
Effektiv ist es deshalb eine Gesetzeslücke. Denn es ist ja erlaubt, weil es nirgendwo genauer erwähnt wird. Und so etwas hat der Gesetzgeber nicht gerne. Denn am liebsten würde er auch rein schreiben, was alles erlaubt ist. Diese „Gesetzeslücke“ wird dadurch geschlossen.
Was der Gesetzgeber auch nicht gerne hat ist, wenn auf Rechtsvorschriften oder Richtlinien anderer verwiesen wird. Denn das kann immer einmal schwammig werden. Nur mal angenommen, Deutschland tritt aus der EU aus, was wäre dann? Die BRD wäre damit nicht mehr rechtlich an die TPD gebunden, und das wäre dann natürlich juristisch dünnes Eis. Auch das würde mit dieser Gesetzesänderung verhindert.

Liquid wird zählbar

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Der Grund für die meisten Suizidversuche durch Basetrinken

Diese Größenbeschränkung auf 10ml wurde von der EU mit dem Jugendschutz begründet. Das Argument war, dass Jugendliche sich so höchstens 10ml beschaffen könnten, und nicht gleich einen ganzen Liter. Und den dann wohlmöglich in suizidaler Absicht nach einem Boygroup Konzert austrinken. Was natürlich absurd ist. Denn Jugendliche setzen sich nicht zu Hause hin und mischen sich einen Liter Liquid an, der erst in drei Wochen genießbar wird. Trinkt man einen Liter Base, bekotzt man sich höchstens. Und nach Boygroup Konzerten ist das Öffnen der Pulsadern immer noch das Mittel der Wahl.
Das ist also alles Quatsch.

Nein, dort stehen 10ml im Text. Denn damit wird Liquid zählbar. Unabhängig davon, wieviel Nikotin darin ist. So wäre es nachher auch leichter zu besteuern. Man kann sehr einfach hingehen, und eine Steuer pro 10ml erheben. Also einfach pro Fläschchen.
Jetzt kann man aber auch sehr leicht Liquid allgemein anders besteuern. Denn ist die Änderung durch, steht ja oben sehr klar drin, dass die Bezeichnung für „Nachfüllbehälter“ sowohl für nikotinhaltige wie auch für nikotinfreie Liquids gilt.
Das kann also bereits ein Hinweis sein, dass eine kommende Besteuerung dann nur auf nikotinhaltige Flüssigkeiten erfolgen würde. Und zwar immer genau nach der Verpackungseinheit von 10ml. Oder man besteuert Liquids allgemein. Das kann man dann trotzdem „Nikotinsteuer“ nennen, denn sie sind ja gleich gestellt.

Zusammengefasst…

Um das also nochmal zusammen zu fassen:
Derzeit dürfen Liquids in allen Mengen verkauft werden. Bis zum 20 Mai 2017.
Danach dürfen Liquids und Basen die Nikotin enthalten nur noch in 10ml Fläschchen abgegeben werden. Nikotinfreie Basen und Liquids dürfen auch weiterhin in allen Größen abgegeben werden. Völlig egal, ob diese Gesetzesänderung durchkommt oder nicht.

Wir können auch nix dafür. Uns macht das auch keinen Spaß.
Juristen sind schon sehr spezielle Menschen. Irgendwo zwischen Klapsmühle, Sesselfurzer und Superschurken.
Denkt beim nächsten John Grisham Film daran.


Edit 22.10.2016: Eine liebe Leserin hat darauf hingewiesen, dass wir in der Abschrift der Gesetzespassage aus dem Tabakerzeugnisgesetz das Wort „höchstens“ vergessen haben. Das wurde selbstverständlich nachgereicht. Es stand aber auch so in der verlinkten Originalversion. Kommt davon, wenn man zu blöd ist einen Satz abzuschreiben.
Ändert aber auch nix.
Vielen Dank für den Hinweis.

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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