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Urteil: Dampf Influencer vor dem Aus?

Landgericht Berlin sieht Influencer als Werbung

Bereits gegen Ende des vergangenen Monats hat das Landgericht Berlin ein sehr überraschendes Urteil zu Werbung auf Social Media gefällt. Die Begründung wurde nun veröffentlicht und sorgt für Aufsehen. Da Werbung für E-Zigaretten untersagt ist, könnte das weitreichende Konsequenzen für alle Dampftuber haben.
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Der Markt der E-Zigarette entwickelt sich. Dafür sind nicht nur die Produkte entscheidend. Oder die Gefälle zwischen Europa und China. Oder die Regulierungen. Sondern auch die Kommunikation.

Waren es noch 2016 einzelne YouTuber, welche die im Vergleich zu heute wenigen Produkte vorgestellt und erklärt haben, hat sich diese Kommunikation inzwischen sehr gewandelt.
Wie zu erwarten, wenn Subkulturen Mainstream werden.

Waren es zuvor vor allem redaktionelle Inhalte und Foren, über die Informationen ausgetauscht wurden, ist es heute eine Flut an neuen Produkten, die gar nicht mehr im gewohnten Maß besprochen werden kann.

Vor allem chinesische Produzenten bringen täglich neue Geräte auf den Markt. Und europäische und nordamerikanische Liquid Hersteller produzieren immer schneller neue Geschmacksrichtungen. Die dann, vor allem aufgrund der derzeitigen Regulierungen, häufig in größeren Gebinden abgegeben werden. Und das sind meist so genannte One Seller: Produkte, die der Konsument meist nur einmal kauft. Und dann wieder nach Neuem Ausschau hält.

Die dritte Generation

Diese Befeuerung und Fluktuation hat dann auch dazu geführt, dass „alte“ YouTuber sich zurückgezogen haben.
Stattdessen gibt es nicht nur eine zweite Generation. Sondern inzwischen auch eine dritte Generation von Dampfern, welche die Klaviatur der Social Media vorzüglich spielen.
Diese haben weniger die Kernthemen der redaktionellen Inhalte, der Aufklärung oder der Gebrauchserklärung. Sondern sie nehmen immer mehr die Funktion klassischer Influencer ein. Wie in allen anderen Märkten auch.

Geräte werden nur noch kurz vorgestellt oder sogar nur mit Fotos auf Plattformen wie Instagram dargestellt und somit beworben. Vornehmlich für eher junges Publikum.
Zu nennen wären hier unter anderem solche VapeTuber wie Dampfergirl und Tony Vapes.

Influencer Marketing gut bezahlt

Vor allem die chinesischen Produzenten haben dies längst als Marketingstrategie für sich entdeckt. Während einige daran festhalten über Produkte zu informieren und dafür kein Geld anzunehmen, versuchen andere ihre Unternehmensidee und den kommerziellen Charakter lieber möglichst nicht klar anzusprechen.
Die Preise für eine solche Produktvorstellung gehen inzwischen auch für den deutschsprachigen Raum von wenigen hundert bis zu eintausend Euro. In den USA wurden schon Preise von bis zu fünftausend Dollar verlangt.

Influencer Posting auf Instagram
Typisches Influencer Posting auf Instagram. (Foto: Screenshot)

Doch damit könnte bald Schluss sein.
Zumindest damit, dies nicht als Werbung zu kennzeichnen.
Das gilt für alle Influencer, die sich selber als ein Lifestyle Produkt kommunizieren und so Produkte bewerben.

Bei der E-Zigarette ist es aber etwas brisanter. Denn das Tabakerzeugnisgesetz untersagt Werbung für E-Zigaretten und nikotinhaltige Produkte.
Würde also festgestellt, dass auch eine solche Kommunikation per juristischer Definition Werbung ist, dann ist sie somit für E-Zigaretten verboten.
Und genau so hat das das Landgericht Berlin das gerade bewertet.

Der Fall Vreni Frost

Die Bloggerin und Influencerin Vreni Frost wurde vom Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) abgemahnt.
Dieser darf das, weil ihm als vermeintlicher Schützer des lauteren Wettbewerbs dies erlaubt ist. Dabei ist es unerheblich, um welche Produkte es geht.

Vreni Frost kommuniziert vor allem Mode. Dabei sind jedoch nicht alle Postings von ihr bezahlt. Häufig postet sie auch Dinge, die sie regulär käuflich erworben hat.
Die Postings, für die sie Geld erhalten hat, hat sie zuvor immer als Werbung kenntlich gemacht.

Der VSW hat dies jedoch bemängelt, da sie unter mindestens einem Beitrag auf Instagram einen Hersteller mit dem @ Symbol und dem Namen des Accounts gekennzeichnet hat.
Siegessicher ist sie den Gerichtsweg eingegangen und hat nun einen Dämpfer bekommen, der für Unruhe in der deutschen Influencer Landschaft sorgt.

Das Landgericht erließ eine einstweilige Verfügung. In der Ihr verboten wird, „kommerzielle Inhalte“ zu posten, ohne sie als Werbung kenntlich zu machen.
Die Strafandrohung beträgt bis zu 250.000,- € pro Fall oder bis zu sechs Monate Ersatzhaft.

Influencer machen grundsätzlich Werbung

Doch die ganze Geschichte ist noch viel verzwickter, als sie sich auf den ersten Blick darstellt. Denn nach Ansicht des Gerichtes geht es nicht alleine um die Markierung des Herstellers oder Händlers durch das @ Zeichen. Auch nicht darum, ob dafür nun Geld geflossen ist. Das wäre vergleichbar mit den Affiliate Links zu Händlern unter YouTube Videos.
Das wurde nun aber erst durch die Urteilsbegründung klar.




Denn das Gericht unterstellt in seiner Urteilsbegründung Influencern, dass sie generell eine „kommerzielle Absicht“ verfolgen. Nicht nur, wenn sie für ein einzelnes Posting eine Gegenleistung erhalten.
Und damit wäre jedes Posting eines Influencers automatisch als Werbung zu kennzeichnen. Und im Falle der E-Zigarette somit verboten.

Die Begründung ergibt sich aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG)
Dort steht geschrieben, dass „jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens“ bereits Werbung ist.
Selbst wenn Vreni Frost also nichts für das Posting erhalten hat, so hat sie doch etwas gepostet, um ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Beispielsweise dadurch, dass sich ihre Reichweite erhöht oder ein Unternehmen auf sie aufmerksam wird und ihr einen Vertragsabschluss anbietet.

Das würde bedeuten, dass alle Social Media Influencer, die einen irgendwie gearteten kommerziellen Zeck verfolgen, ihren Content grundsätzlich als Werbung kennzeichnen müssten. Ausreichend wäre dafür bereits die eigene Reichweite erhöhen zu wollen, um Testprodukte zu erhalten.
Was im Falle der E-Zigarette wiederum bedeutet, dass jedes derartige Posting zu E-Zigaretten oder nikotinhaltigen Liquids grundsätzlich als Werbung untersagt wäre.

Das Gericht bezeichnete Vreni Frost als „nicht unbedeutende Influencerin“ mit 50.000 Followern, die bewusst und angekündigt „private Inhalte“ aus ihren Postings ausschließt.
Sie ist übrigens Mitarbeiterin einer Werbeagentur und unterhält dort auch Geschäftsräume. Was für das Urteil jedoch nicht entscheidend gewesen sein dürfte.

Kritik an dem Urteil

Das Urteil ist vergleichsweise hart. Doch es ist durchaus durch die Gesetzeslage begründet.

Dennoch kam auch in juristischen Kreisen dazu Kritik auf. Denn der Sinn dieser Regulierung ist ja vor allem, den Konsumenten vor Schleichwerbung zu schützen. Damit er beurteilen kann, ob nun jemand tatsächlich ein Produkt privat empfehlen kann, oder ob er es aus kommerziellen Interessen vorstellt.

In der Praxis würde das jedoch bedeuten, dass jeder Influencer jedes Posting einfach als Werbung kennzeichnet. Wodurch die Aufmerksamkeit des Konsumenten abschwächen würde.
Der Hinweis der Werbung würde irgendwann ausgeblendet wie das Autorauschend einer Autobahn.
Es wäre also nicht im Sinne des Gesetzgebers, der wie so häufig der digitalen Entwicklung hinterherhinkt.
Auch deshalb hat Vreni Frost bereits angekündigt in die nächste Instanz beim Kammergericht gehen zu wollen.

Andererseits ist es sicherlich wünschenswert, vor allem jungen Konsumenten vor Augen zu führen, wann jemand ein Produkt empfiehlt. Oder wann er kommerzielle Interessen vertritt, indem er sich selber über Lifestyle Themen oder Vorbildfunktion zum Werbeträger macht.

Schlechte Chancen für VapeTuber

Am Markt der E-Zigarette gäbe es jedoch nur eine einzige Möglichkeit.
Richter beurteilen den gesamten Kanal, den ganzen Accounts und den Charakter der Darstellung. Werden Geräte ausschließlich vorgestellt, erfüllt das keinen redaktionellen Inhalt. Wahrscheinlich hätte der Nutzer das Gerät nicht vorgestellt, wenn er nur private und nichtkommerzielle Interessen verfolgt. Niemand testet in täglicher Frequenz E-Zigaretten und Liquids zum Privatvergnügen.

Sollte dieser Beschluss auch in den nächsten Instanzen Bestand haben, dürfte es sehr eng für viele DampfTuber und Vape Instagrammer werden.
Denn die Gefahr sind weniger die Social Media Plattformen oder die Ordnungsbehörden. Sondern andere Händler, Hersteller oder Vereine wie der Verband Sozialer Wettbewerb. Die sehr schnell auf Unterlassung und leicht vierstellige Beträge mahnen können.

Beispielsweise könnte jeder Händler einen YouTuber abmahnen, wenn dieser ein Produkt vorstellt, dass es in Deutschland noch nicht zu kaufen gibt.


Gerichturteil mit Begründung: https://www.online-und-recht.de/urteile/Schleichwerbung-bei-Vreni-Frost-Instagram-Postings-Landgericht-Berlin-20180524/
Blogbeitrag YouTuber und Werbung: https://www.vapers.guru/2018/04/08/youtuber-und-werbung/
Video zu Vreni Frost: https://www.zdf.de/verbraucher/wiso/videos/reden-ueber-geld-vreni-frost-100.html
Blogbeitrag von Vreni Frost zu dem Urteil: https://www.neverever.me/werbung-verband-sozialer-wettbewerb/

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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