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Neue EU Richtlinie: Das Ende für Reviews?

Bei der Neuregelung wurde auch an die E-Zigarette gedacht

  • Eine neue Richtlinie der EU wird Reviews weiter einschränken
  • Reviews könnten als Produktplatzierungen verboten werden
  • Die Gefahr: Overblocking, Geoblocking und gelöschte Videos von Dampfern
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Bereits im November des vergangenen Jahres beschlossen das Parlament und der Rat der EU die Richtlinie 2018/1808, die von der Kommission vorgeschlagen wurde.
An der Zahlenfolge ist bereits zu erkennen, dass es sich dabei eigentlich um eine Änderung einer älteren Richtlinie handelt.

Ziel ist die Richtlinie 2010/13/EU, die seit 2010 die so genannten audiovisuellen Mediendienste reguliert. Damit sind alle Plattformen gemeint, auf denen die Nutzer Videos hochladen können. Also vor allem YouTube, Vimeo und Twitch, aber auch Facebook und Instagram.

Und das ist bereits die erste große Änderung für den Bereich der E-Zigarette.
Bisher sind lediglich die einzelnen Nutzer und die Unternehmen reguliert. Über allgemeine Verbote, die sich aus der TPD 2 (2014/40/EU) ergeben. Und speziell in Deutschland aus dem sich daraus herleitenden Tabakerzeugnisgesetz.
Diesmal sollen jedoch die Betreiber dieser Plattformen in die Verantwortung genommen werden.

Schon die Überschrift der Änderung 2018/1808 macht klar, worum es eigentlich geht. Denn „im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten“ bedeutet nichts anderes als das um sich greifende Influencer Marketing und die privat hochgeladenen Videos.
Dabei wurde auch sehr deutlich an die E-Zigarette gedacht.

Drei kleine Änderungen

Diese Änderungen finden sich in drei nachfolgenden Artikeln, angefangen beim Artikel 9.
Dieser untersagt jegliche Werbung „für Zigaretten und andere Tabakerzeugnissen sowie elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter“.
Doch das ist keine Veränderung für die Konsumenten. Denn dieses Verbot besteht bereits seit 2016.
Der einzige Sinn dabei ist, dass dafür nun auch die Plattformen haftbar gemacht werden sollen, wenn sie solche Werbung zulassen.

Auch die Änderung des Artikels 10 enthält keine größeren Überraschungen.
Dieser legt lediglich fest, dass Videos nicht von Unternehmen gesponsert werden dürfen, deren Haupttätigkeit in der Herstellung oder dem Verkauf von E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids besteht.
Da dies ebenfalls bereits in der TPD und dem Tabakerzeugnisgesetz reguliert ist, gibt es ein solches gesponsertes Format im Deutschsprachigen Raum derzeit nicht.

Doch durch die Hintertür könnte dies Folgen für die Konsumenten haben.
Beispielsweise wird die kanadische Seite regulatorwatch.com von dem Unternehmen FlavourArt gesponsert. Diese Plattform veröffentlicht ihre Videos auch regelmäßig auf YouTube.
Noch weitreichender ist das bei den Formaten der Amerikaner Phil Busardo und „Dimi“ Dimitris Agrafiotis, die sicher zu den bekanntesten YouTubern in der Dampferszene gehören. Diese bringen nicht nur eigene Produkte der Firma Innokin heraus, sondern werden auch von dieser gesponsert und spielen sogar Spots in bestimmten Sendungen ein.



Die neue Regulierung könnte in solchen Fällen Plattformen wie YouTube zum so genannten Geoblocking veranlassen. Was zur Folge hätte, dass diese Inhalte in europäischen Ländern nicht mehr gesehen werden können.

Ist ein Review Produktplatzierung?

Die Änderung, die europäische Dampf YouTuber aber am nachhaltigsten einschränken dürfte, ist die Neuregelung des Artikel 11.

Die Neufassung untersagt jegliche Produktplatzierung von E-Zigaretten oder nikotinhaltigen Liquids in Sendungen. Und Reviews können gemäß der Definition der Richtlinie als „Sendung“ angesehen werden.

Leicht könnte man nun argumentieren, dass ein Review, also die Kritik einer E-Zigarette oder eines Liquids, keine Produktplatzierung ist. Denn bei Produktplatzierung denkt man üblicherweise eher an Zigarettenmarken, Computer oder Autos in James Bond Filmen.
Eine redaktionelle Besprechung von Produkten trifft die Vorstellung nicht ganz.

Doch leider ist es nicht so einfach. Denn unter Produktplatzierung versteht man auch die Informationsplatzierung. Also wenn ein Unternehmen eins seiner Produkte mit dem Ziel bereitstellt, es von jemandem Besprechen zu lassen.

Genau das ist auch noch einmal genauer im Rundfunkstaatsvertrag geregelt. Dieser untersagt im § 7 ganz klar, dass solche Produkte beispielsweise nicht zum Kauf empfohlen werden dürfen. Und sie dürfen nicht „zu stark herausgestellt“ werden. Was ausdrücklich auch für „kostenlos zur Verfügung gestellte geringwertige Güter“ gilt.

Auch daran kann man sehen, dass die Macher hinter dieser Änderung sicher auch die Amateur Influencer im Blick hatten.
Denn in der alten Fassung der Richtlinie 2010/13/EU erlaubte der Artikel 11 noch eine Ausnahme…

„…wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleistungen wie Produktionshilfen und Preise im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden.“

In der neuen Fassung entfällt auch dieses Schlupfloch.

Das Gesamtbild ist entscheidend

Es wäre mühselig nun über jedes einzelne Wort und alle möglichen Folgen zu philosophieren. Denn wie bei allen europäischen Richtlinien muss diese nun erst einmal in nationale Gesetze umgesetzt werden.
Doch das könnte sehr schnell geschehen. Die EU hat den Mitgliedsstaaten für die Umsetzung lediglich Zeit bis zum 19. September 2020 gegeben. Bis dahin muss das jeweilige nationale Gesetz nicht nur verabschiedet, sondern auch in Kraft sein.

Und da es nicht Nutzer und Konsumenten adressiert, sondern große Unternehmen, darf man davon ausgehen, dass entsprechende Gespräche bereits stattfinden.

Es war bereits an der Bundespolitik absehbar, dass Bewegung in die Kausa Influencer kommt. Denn im vergangenen Monat wurde bekannt, dass im Justizministerium über ein Gesetz nachgedacht wird, dass die Kennzeichnungspflicht von Werbung auf Social Media rechtssicher regeln soll.
Es ist eher das Gesamtbild, dass die Politik nun aufmerksam auf ein Thema geworden ist.

In den vergangenen Jahren, seit der TPD und dem Tabakerzeugnisgesetz, hat die E-Zigaretten Branche den Mechanismus des Influencer Marketings für sich entdeckt. Denn Werbung für E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids ist auf den normalen Werbekanälen verboten. Ebenso das bis dahin beliebte Affiliate Marketing.
Es bot sich an, einige Produkte zum Selbstkostenpreis an Influencer abzugeben und diese für sich werben zu lassen. Gerade im Bereich der Liquids hat sich das verfestigt.

Diese Regulierungen könnten nun dazu führen, dass über die Verantwortung der Plattformen der Sack noch weiter zugemacht wird.
Und offenbar wird dabei mit bürokratischer Gründlichkeit auch an Schlupflöcher gedacht.

Gefahren nicht einschätzbar

Die eigentlichen Gefahren ergeben sich dabei weniger aus den Regulierungen. Diese betreffen zunächst einmal nur Leute, die Produkte für Reviews bereit gestellt bekommen oder in irgendeiner Art damit Geld verdienen oder gar eigene Produktlinien befördern.

Die Gefahren und möglichen Einschränkungen ergeben sich letztendlich auch aus den resultierenden Marktmechanismen.
Veröffentlichte bisher ein YouTuber ein Review, das gegen die Regulierungen verstößt, hätte man ihn abmahnen müssen. Der Anreiz dazu dürfte gering gewesen sein. Jemand aus der Branche läuft mit einer solchen Abmahnung Gefahr, dass dies bekannt wird und seinen Ruf schädigt.
Für die professionellen Abmahnvereine war die Branche bisher offenbar nicht interessant oder lukrativ genug, da arbeitet man sich lieber im Modebereich und bei den oberen Zehntausend wie Cathy Hummels ab.

Werden diese Regulierungen jedoch von den Plattformen umgesetzt, kann jeder Nutzer den jeweiligen Content bei der Plattform melden. Also auch Händler, andere YouTuber, etc. Und die Plattform hat nun ein stärkeres Eigeninteresse, solche Videos zu verhindern.
Es ist leichter mal eben ein Video zu melden als einen Termin bei einem Anwalt zu machen. Und es ist anonym.

Das birgt dann die nächste große Gefahr. Wie auch bei der Umsetzung der Urheberrechtsreform und den so genannten Uploadfiltern ist ein Overblocking zu befürchten.
Live Sendungen könnten beendet werden, wenn es um E-Zigaretten geht. Dampfer könnten gesperrt oder ihre Videos gelöscht werden, wenn sie ein Gerät, das sie selber gekauft haben, besprechen oder zeigen.
Die Auswirkungen für Plattformen wie Facebook oder Instagram, die neben Videos auch Bilder zulassen, sind noch nicht abzuschätzen.

Wie auch bei der Urheberrechtsreform macht die EU es sich sehr leicht.
Sie wälzt ihre eigene Verantwortung der Exekutive auf die Unternehmen ab.

Die Branche unterliegt nach wie vor einem ständigen Wandel. Sie ist weit davon entfernt eine Rechtssicherheit zu haben. Man sollte flexibel bleiben.
Denn wie man an dieser Neufassung einer Regulierung sieht, könnte mit dem Influencer Marketing ganz schnell Schluss sein. Händler und Hersteller wären gut beraten, das im Auge zu behalten.


Die Änderung im Original: https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2019/07/RICHTLINIE20181808.pdf
Studie widerlegt Gateway Effekt: https://www.vapers.guru/2019/04/04/weltweit-groesste-analyse-es-gibt-keinen-gateway/

Profiteure der Angst – Teil 1: Die Konspiration gegen die E-Zigarette

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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