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Liquidsteuer: Was genau soll besteuert werden?

Häufige Leserfrage

Die Liquidsteuer ist beschlossen. Ab 1. Juli 2022 soll es losgehen.
Nun häufen sich die Fragen, was denn nun genau
besteuert werden soll.

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Auch auf den Social Media Plattformen von VAPERS.GURU taucht die Frage immer wieder auf.

Das Problem daran: Niemand weiß es.

Das ist kein Scherz.
Niemand weiß, was genau besteuert werden soll.
Keine Pointe.

Hersteller und Verbände haben bereits Anfragen bei den zuständigen Behörden gestellt. Also beispielsweise beim Zoll und Finanzministerium. Die Antwort war: Wir wissen es nicht.
Am wenigsten wohl die Politiker, die das Gesetz beschlossen haben.

Rückblick zur Erklärung

Im Januar dieses Jahres beantwortete das Finanzministerium zwei kleine Anfragen der Grünen und der Linken nach einer möglichen Steuererhöhung damit, dass so etwas nicht geplant sei.
Kurze Zeit später wurde ein Gesetzentwurf geleaked, an dem offensichtlich bereits seit Oktober 2020 gearbeitet wurde.

Der Gesetzentwurf des Finanzministeriums unter dem Kanzlerkandidaten der SPD Olaf Scholz sah eine Besteuerung von Liquids anhand des Nikotins vor. Eine hohe und erstmalige Steuer. Im Gegensatz zu Tabakprodukten, die sehr milde davonkommen.

Überraschenderweise wehrte die CDU/CSU sich als Koalitionspartner dagegen. Es kam zu einer Anhörung und zu wochenlangen Verhandlungen.
Letztendlich einigte man sich auf eine etwas geringere Steuer. Diese soll nun jedoch auf alles erhoben werden. Also auch auf nikotinfreie Flüssigkeiten. Offenbar ein Zugeständnis an die SPD, das alles verschlimmbessert hat.

„Substitute für Tabakwaren“

Das Problem daran werden erfahrene Konsumenten von E-Zigaretten schnell verstehen.
Liquids bestehen – bis auf das Nikotin – aus frei handelsfähigen und nicht extra besteuerten Grundstoffen. Die es auch für Endverbraucher überall zu kaufen gibt.

Aromen kann man auch als Zutat für Eis, Backmischungen oder Getränke kaufen. Viele davon kann man auch zum Dampfen verwenden.
Die Basis für Liquids sind Propylenglykol und Glycerin. Beides sind Stoffe, die man in frei bestellen kann. Sie werden beispielsweise in der Viehzucht und für Cremes verwendet oder ins Wasser für den Weihnachtsbaum gegossen. Sie sind als Lebensmittelzusätze zugelassen.

Die Politiker haben im Gesetz dafür einen neuen Begriff eingeführt, die „Substitute für Tabakwaren“.
Ganz offenbar in völliger Unkenntnis, was diese Substitute (Ersatzstoffe) denn nun sind.



Untergeordnete Instanzen

Nicht nur Dampferinnen und Dampfer haben nun Fragezeichen im Blick. Auch die Hersteller, die bis Mitte nächsten Jahres über zollkonforme Etikettier-Maschinen verfügen sollen. Die dafür extra angefertigt werden müssen.

Tatsächlich ist es so, dass die Politik etwas grob beschlossen hat. Und die eigentliche Umsetzung nun an untergeordnete Instanzen delegiert wird. Die nun vor dem Problem stehen zu interpretieren, was die Politiker gemeint haben und wie das juristisch sauber umsetzbar ist.

Grundsätzlich gibt es dafür einen juristischen Grundsatz: den Verwendungszweck.
Daher kann man davon ausgehen, dass fertige nikotinhaltige und nikotinfreie Liquids besteuert werden. Denn sie sind ausdrücklich zum Konsum durch eine E-Zigarette vorgesehen.

Aber wann ist eine Flasche, auf der nur „Propylenglykol“ steht, für den Konsum in einer E-Zigarette vorgesehen und wann nicht? Und wie sieht es mit Aromen aus? Wann ist das Tutti-Frutti-Aroma zum Dampfen, und wann für Milchshakes?

An dieser Stelle darf man sich daran erinnern, dass einige Politiker erschrocken waren und von einer Umgehung des Gesetzes sprachen, als nikotinhaltige Flüssigkeiten auf 10ml beschränkt wurden. Erst dadurch kam der lukrative Markt der Shake & Vape Produkte so richtig ins Rollen. Womit die Gesetzgeber nicht gerechnet hatten.

Niemand heißt wirklich keiner

Der Händlerverband Bündnis für Tabakfreien Genuss hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz angekündigt.
Doch auch der pfiffigste Anwalt kann dazu keine Beschwerde formulieren, wenn das nicht offiziell geklärt ist. Und dazu müssten die zuständigen Behörden sich erst einmal äußern. Aber die sind selber nicht schlauer.

Abzielen wird eine Beschwerde wahrscheinlich auf den Gleichheitsgrundsatz.
Nicht auf den Gleichheitsgrundsatz zwischen E-Zigarette und Tabakzigarette. Sondern zwischen den Händlern.

Ein Händler für Tierbedarf könnte theoretisch auch 2024 einen Liter Propylenglykol für 10 Euro pro Liter anbieten. Ein Händler für E-Zigaretten dürfte aber nur versteuerte Produkte anbieten. Das gleiche Produkt würde bei ihm dann knapp 400,- Euro kosten.
Das wäre eine Ungleichbehandlung, die der freien Geschäftsausübung widerspricht. Und das wissen auch die Juristen der Behörden, die den Mist nun umsetzen müssen.

Noch bemerkenswerter: Es gibt Glycerin als „Fluent Smoke“ für Shisha Tabak zu kaufen. Damit wird der Tabak angereichert, um mehr Rauch zu generieren.
Auch das dürfte weiterhin ohne Liquidsteuer vertrieben werden. Da „Substitute für Tabakwaren“ ausdrücklich auf E-Zigaretten beschränkt sind.

Deshalb weiß auch über einen Monat nach Verabschiedung des Gesetzes keiner, was denn nun genau besteuert werden soll.
Nicht einmal die, die die Steuer kassieren sollen. Und sicher noch weniger die, die das Gesetz gemacht haben.


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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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