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Regulierung in Deutschland

Chaos für Anfänger

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Nach wie vor gibt es unter Vapern eine weite Verunsicherung, wie nun das Dampfen geregelt werden soll und wird. Das liegt vor allem daran, dass die allermeisten nicht so ganz verstanden haben, wer jetzt überhaupt was regelt.
Auch eine ausgiebige Suche in den entsprechenden Foren und auf den Blogs und Seiten hat gezeigt: Es erklärt keiner Mal so ganz einfach. Und wenn es keiner erklärt, ist es ja auch kein Wunder, wenn ständig Gerüchte entstehen.

Der Mensch an und für sich ist ja ein Idiot. Er hält sich nur für schlau. Aber jeder Ameisenhaufen funktioniert besser als ein rheinischer Kegelclub auf Butterfahrt nach den ersten 20 Litern. Der Primat ersetzt fehlendes Wissen durch Meinungen und Annahmen. So kommen dann Verschwörungstheorien zustande.

Gut dass es ein Vape Lexikon gibt

Verwerflich ist es nur, wenn so etwas Wichtiges wie die Regulierung der E-Zigarette in Deutschland gar nicht zusammenfassend erklärt wird.
Und wenn dann scheinbare Autoritäten auch noch ständig völlig falsch von TPD2 erzählen und ungenau alles durcheinanderschmeißen, ist es ja nicht verwunderlich, wenn der ein oder andere da schon mal die Orientierung verliert. Das gibt dann schnell ein Gefühl von „die da oben und wir hier unten“. So ein diffuses Bedrohungsszenario.

Wirklich ganz scheiße ist aber, dass so ja kein frischer Umsteiger oder Vaper – der nicht jeden Tag drei Stunden im Netz verbringt – kapiert, wo die Interessenverbände und Akteure die für das Dampfen kämpfen in diesem Zirkus überhaupt ansetzen.
Also Rolle rückwärts und back tot he roots. Dann muss vapers.guru das wohl wieder übernehmen.

Wat is’ene TPD? Wie stelle’ma uns dat vor?

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In Dantes Inferno das Purgatorium: Die EU-Kommission

Irgendwann vor mindestens drei Jahren hat die Europäische Union beschlossen, das Dampfen zu regulieren. Also erst einmal ganz neutral Standards einzuführen, die dann in allen Mitgliedsstaaten gelten. Denn eigentlich ist das ja der ursprüngliche Sinn der EU. Gerade Gurken und Normen für Kunstrasen, damit man leichter Handel treiben kann. Kunstrasen wird generell völlig unterschätzt.
Die EU Kommission ist also hin gegangen, und hat sich beraten. Und sie hat mit vielen anderen Leuten gesprochen. Blöderweise auch mit Leuten der Pharma Industrie. Die finden es natürlich nicht so prickelnd, wenn da plötzlich ein anderes Produkt auf den Markt kommt, das Nikotinpflaster überflüssig machen könnte. Sie hat zwar auch mit Vertretern der Dampfer Lobby gesprochen. Aber hat halt eher auch so Menschen geglaubt, die von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) oder dem DKFZ (Deutsches Krebsforschungsinstitut) geschickt wurden.
Klingt komisch, is aber so.

Die EU-Kommission hat dann der EU, also dem Parlament und dem Rat, die TPD2 vorgelegt. Die Tabakproduktrichtlinie zwei.
In der geht es hauptsächlich um Tabak. Aber eben auch um E-Zigaretten. Die wurde dann vom Parlament beschlossen und vom Rat bestätigt.

Die TPD 2 ist aber kein Gesetz. Sondern sie ist eine Regulierung der Produkte, an die sich jedes Mitgliedsland halten muss. Niemand auf der ganzen Welt wird bestraft, wenn er gegen die TPD2 verstößt. Sondern die Mitgliedsstaaten müssen zusehen, wie sie das jetzt für ihr Land in ein gültiges Gesetz umsetzen. Das funktioniert ja überall anders.

Jedem Mitgliedsstaat ist die Umsetzung selber überlassen

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Dampfermäßig die Krakauer gezogen: Polen

Diese TPD2 ist sehr spät an die einzelnen Länder gegangen. Sie hatten nur wenige Monate Zeit das umzusetzen. Denn die TPD2 hat eine klare Frist gesetzt, wann das in den Ländern am Start sein soll. Sonst gibt es Knöllchen.
In Deutschland ist das so in den Gremien besprochen worden und dann wurde ein Gesetz daraus gestrickt.
Der Gesetzesentwurf in Deutschland war im Gegensatz zu anderen Ländern noch harmlos. In Österreich gibt es beispielsweise ganz arge Probleme. Ebenso aktuell in Polen. In den beiden Ländern ist der Online Handel komplett verboten, man darf sich nichts mehr schicken lassen. In Portugal ist es noch schlimmer.

Das zeigt, dass die TPD2 nur Mindestanforderungen stellt, was die Länder umsetzen müssen. Beispielsweise dürfen gemäß TPD2 höchstens 10ml Liquid in einer Flasche abgegeben werden, wenn es Nikotin enthält. Oder die Höchstmenge an Nikotin ist auf 20mg beschränkt.
Daran sieht man, dass jeder Staat das also übernehmen muss, darüber hinaus aber noch viel strenger regulieren kann. Wenn er will.

Das Tabakerzeugnisgesetz

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Das Tabakerzeugnisgesetz wurde mit Wirkung zum 20. Mai verabschiedet.

In Deutschland wurde dann daraus ein Gesetz gestrickt. Das so genannte Tabakerzeugnisgesetz. Das ist auch bereits in Kraft. Es wurde im Februar mit Wirkung zum 20. Mai diesen Jahres beschlossen.
Jetzt werden sich einige fragen, warum dann irgendwie gar nichts passiert. Man merkt ja nix davon.

Weil dieses Gesetz Fristen vorsieht. So haben die Produzenten ein halbes Jahr Zeit, die Produktion umzustellen. Bis zum 20. November 2016 dürfen sie noch genauso produzieren wie vorher auch.
Eigentlich können sie sich auch die Lager voll packen. Denn dann haben die Händler noch einmal bis zum 20. Mai nächsten Jahres Zeit, den alten Kram abzuverkaufen. Von Inkrafttreten des Gesetzes genau ein Jahr. Deshalb merken wir davon noch nichts.
Aber soweit ist die Nummer eh durch.

Das Bundesministerium

Was jetzt auf diesem Jahrmarkt passiert, ist nochmal etwas anderes. Denn in dem Gesetz ist das BMELV, Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, damit beauftragt, die ganze Nummer zu überwachen. Dazu kann es dann weitere Verordnungen beschließen. Die heißen dann deshalb auch nicht Tabakerzeugnisgesetz, sondern Tabakerzeugnisverordnung. Und da geht es dann um solche Sachen wie Inhaltsstoffe in den Liquids.

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Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin

Zusätzlich müssen die Händler jedes Produkt mit dem sie handeln wollen anmelden. Ein halbes Jahr vorher. Wenn sie also auch nach dem 20. Mai 2017 noch Handel betreiben wollen, müssen sie alle Geräte und Liquids bis 20. November 2016 melden.
Das wird bei vielen Laien dann oft verwechselt mit „genehmigen lassen“. Das ist falsch. Kein Händler muss den Verdampfer „xyz“ zertifizieren lassen. Es geht nur um die Anmeldung. Aber schlimm genug.

Überwachen sollen das eigentlich die kommunalen Ordnungsbehörden. Also beispielsweise das Gesundheitsamt des Kreises, oder das Ordnungsamt der Stadt. Das ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Die haben aber selber keine Ahnung, und da ist gerade ein riesen Chaos. Denn die Beamtin die im kleinen Kaff in Brandenburg für Gewerbe zuständig ist, hat überhaupt keine Ahnung vom Dampfen oder einer TPD.
Allerdings haben die Händler die Möglichkeit, die Sachen über das Internet direkt bei der EU anzumelden.

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Der erste dokumentierte Fall von TPD-Disorder (Posttraumatisches TPD Syndrom): Ein Liquid Händler der alles korrekt anmelden wollte.

Damit kann sich jeder vorstellen, was da gerade los ist. Ein Hersteller muss also alle Vorschriften checken und beachten, die Produktion umstellen, und dann noch den ganzen Kram anmelden. Und der kleine Händler in Buxtehude muss im Rathhaus klar machen, dass er ja gerne die Vorschriften beachten würde, wenn denn jemand wüsste wie sie lauten.

Die Lobby Arbeit

Das ist gerade Stand der Dinge. Das ist der tägliche Wahnsinn.
Wo die Interessensverbände jetzt ansetzen, ist aber wieder eine andere Baustelle. Nämlich wieder ganz oben.
Beispielsweise plant das BMELV gerade, Menthol und Kaffee in Liquids zu verbieten. Und unsere Lobbyisten sprechen jetzt mit den Leuten im BMELV, ob das überhaupt sinnvoll ist.
Hinzu kommt, dass man ja aufpassen muss, dass die EU-Kommission da nicht noch auf komische Ideen kommt. Denn da wird ja sicher auch irgendwann eine Besteuerung kommen. Und es gibt auch Vorschläge, das alles nochmal ganz neu zu regulieren.

Gut das vapers.guru nur darüber schreibt. Wenn man sich damit näher auseinander setzt, macht es doch schon manchmal Lust, einfach mal gepflegt einen Cubra Libre zu frühstücken. Garniert mit holländischer Minze.

Es ist systemisch

Was aber wichtig ist zu verstehen: Das sind nicht irgendwie einfach nur „die da oben“, die den Dampfern etwas verbieten wollen. Sondern das sind tausende Menschen, die in dem Politzirkus mitwirken.
Interessensvertreter der Tabak Industrie, die ihre Arbeitsplätze in Gefahr sehen. Vertreter der Pharma Lobby, die ihr Einkommen wegschwimmen sehen. Anti-Raucher-Lobbyisten, die ihren Lebenssinn in Dampf aufgehen sehen. Vertreter der Dampfer, die weniger Regulierung haben wollen. Wissenschaftler, die ständig etwas Neues erzählen. Politiker, die alle Wählerstimmen zufrieden stellen wollen.

Einfach immer an den Vergleich mit dem Ameisenhaufen und den besoffenen, rheinischen Kegelklub denken. Dann kommt Ihr der Sache ziemlich nahe.

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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