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Fachkonferenz Sucht

Wiedersehen mit einer alten Bekannten

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Seit den letzten zwei Jahren wurde von den Gegnern der E-Zigarette massive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Überall im Netz tauchten ominöse Artikel über das angebliche Gefahrenpotential der Dampfen auf, Untersuchungen mit wissenschaftlich mindestens fragwürdigen Ergebnissen wurden lanciert und den Medien serviert, es wurde strategisch Stimmung gemacht.
Es war offensichtlich, dass dies ausgerechnet in der Zeit um die Entscheidungsfindungen der EU zur Tabakproduktrichtlinie (TPD2) und der anschließenden Umsetzung in nationale Gesetze passierte.
Genauso offensichtlich war, dass die Gegner der E-Zigarette damit versuchten, diese Regulationen in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Die üblichen Verdächtigen

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Frau Dr. Martina Pötschke-Langer

Und Gegner hat die E-Zigarette viele.
Da wäre sicher an erster Stelle die WHO zu nennen, die nicht nur einen Kampf gegen den Tabak verkündet hat. Sondern die E-Zigarette auch in ihre Phantasien einer Endlösung der Genussdrogen gleich mit aufnahm. Obwohl sie höchstens mittelbar etwas mit Tabak zu tun hat.

Nicht zu vergessen sind all jene, die daran verdienen anderen Menschen das Rauchen abzugewöhnen. Dabei sollte man aber nicht nur an die Pharmaindustrie denken, die Milliarden Umsätze mit so genannten Nikotinersatztherapien (Nikotin Pflaster, Kaugummis, Inhalatoren, etc.) verdient. Mit dabei sind auch all jene, die Ihr Geld mit Aussteigerkursen erwirtschaften. Und natürlich alle Anti Tabak Puritaner, die in den Verwaltungsgebäuden ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Würde ein Mittel gefunden werden, dass den Ausstieg aus dem Rauchen derart erleichtert, würden nicht wenige von ihnen arbeitslos. Abgesehen davon, dass ihre Politik, die seit Jahrzehnten so beispielhaft erfolglos ist, dann restlos jede Argumentationsgrundlage verlieren würde. Lebensträume würden platzen.

An letzter Stelle stehen sicher alle, die mit dem Tabak selber ihren Lebensunterhalt verdienen. Und dabei sollte man nicht nur an Big Tobacco denken.
Die Tabakindustrie hat seit mindestens 2014 versucht, die E-Zigarette klein zu halten. Das kann gar keine Frage sein und ist auch beispielsweise durch geleakte Mails mit EU Abgeordneten belegt.
Aber es war absehbar, dass die Tabakindustrie einfach auf den fahrenden Zug aufspringen würde, wenn er erst einmal rollt. Und das ist exakt das, was gerade vor allem durch British American Tobacco und Philip Morris International passiert.
Man sollte auch die Händler nicht vergessen. Wie beispielsweise die Trafikanten, die in Östereich monopolisiert Tabak verkaufen dürfen und natürlich händeringend jede Konkurrenz klein halten wollen.

Immer mehr positive Ergebnisse

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Dr. Maciej L. Goniewicz: „E-Zigaretten reduzieren Giftstoffe und Karzinogene“

Grundlage für diesen Gegenwind waren immer unzureichende wissenschaftliche Untersuchungen. Sie konnten immer als Argument herangezogen werden, um zu zeigen welche vermeintlichen Risiken das Vaping birgt.
Aber alles was mit der E-Zigarette zu tun hat läuft gerade in Zeitraffer. Es kommen nicht nur täglich neue Geräte auf den Markt. Auch die Wissenschaft hat die Dampfe für sich entdeckt. Und so häufen sich die Ergebnisse.

Bahnbrechend war dabei sicherlich das Ergebnis, zu dem die Forschungsabteilung von Public Health England im August 2015 kam. Sie bescheinigte der E-Zigarette ein mindestens 95% geringeres Risiko. In der breiten Öffentlichkeit wurde das noch nicht wirklich wahrgenommen.
Als das international hoch angesehene Royal College of Physicians dann Ende April diesen Jahres zu dem gleichen Ergebnis kam und der Regierung dringend empfahl die E-Zigarette zu fördern, sprach auch die internationale Presse von einem „game changer“.
Wie vapers.guru bereits berichtet hat, werden in Großbritannien von offizieller Seite inzwischen E-Zigaretten an Menschen die umsteigen wollen teilweise verschenkt oder zumindest verschrieben.

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Dr. Ute Mons

Ob dadurch nun wirklich ein Umdenken beim DKFZ und seiner angeschlossenen Kollaborationsstelle der WHO eingesetzt hat darf bezweifelt werden. Aber immerhin räumte deren Leiterin, Fr. Dr. Ute Mons, inzwischen öffentlich und klar ein, dass die E-Zigarette weniger Risiken birgt als die Tabak Zigarette.
Ein G‘schmäckle bleibt auch dabei. Denn ihre Vorgängerin, die Vapern bekannte Fr. Dr. Pötschke-Langer, war vor einiger Zeit auch schon mal auf dem Stand. Und die Aussage von Fr. Mons kam auch nur anlässlich des veröffentlichten Updates des Cochrane Reports, der zu einem ähnlichen Ergebnis wie die oben genannten kam.

Drei Pressemitteilungen für nur eine Konferenz

Schön zu sehen, wie die üblichen Argumentationen inzwischen ausdünnen, war in der Pressemitteilung der DHS (Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen) anlässlich ihrer Fachkonferenz „Sucht“.
Man erfährt viel darüber, was gesagt wird, wenn man sich nicht nur den Inhalt betrachtet. Sondern auch wer etwas sagt, wann er es sagt, und wie er es formuliert.
Interessanterweise gab die DHS zu ihrer gerade stattfindenden Fachkonferenz nicht nur eine allgemeine Pressemitteilung heraus. Sondern gleich auch noch eine Pressemitteilung mit dem Titel „Verringerung von tabakrauchbedingten Gesundheitsschäden durch die E-Zigarette?“ und eine Stellungnahme mit Kernaussagen zum gleichen Thema. Und das, obwohl die E-Zigarette mit der ganzen Fachkonferenz thematisch nur sehr wenig zu tun hat. Aber man kann ja mal einen raushauen. Gib Schub Kapelle. Zur Sicherheit bevor die Konferenz überhaupt stattgefunden hat.
In der Pressemitteilung treffen wir dann auch eine alte Bekannte wieder. Nämlich die bereits erwähnte Martina Pötschke-Langer, die Mitglied im Wissenschaftlichen Kuratorium der DHS ist. Und das, obwohl sie sicher seit Jahrzehnten nicht mehr wissenschaftlich tätig ist.
Siehe da.

Ansonsten lesen wir die üblichen Argumente gegen E-Zigaretten. Gefahr für die Jugend, Langzeitrisiken nicht absehbar, als Hilfsmittel für die Reduzierung des Tabakkonsums nicht belegt, wir kennen das ja schon.
Spannend hierbei ist aber, dass die Frau Doktor sich offenbar mit ihren üblichen Darstellungen nicht so ganz durchsetzen konnte. Denn in den Kernaussagen prangt über allem als erstes der Satz:

Für Tabakraucher, die nicht mit dem Rauchen aufhören können oder wollen, bedeutet der vollständige Umstieg auf E-Zigaretten eine Schadensminderung.

Vielen Dank soweit.

Das kann man aber so nicht stehen lassen

Im Weiteren sind dort so spannende Aussagen zu lesen, wie dass die Belastung Dritter durch den Dampf in der Raumluft die Schadensminderung einschränken könnte. Obwohl es inzwischen wissenschaftlich belegt ist, dass keine Belastung durch ausgeatmeten Dampf vorliegt. Weil die Schadstoffe darin unter allen relevanten Werten liegen.
Oder auch dass die „Sicherheit und Wirksamkeit“ von E-Zigaretten nicht durch klinische Studien nachgewiesen ist. Wobei doch die Frage zu stellen wäre, durch welche Ergebnisse das nachgewiesen werden könnte. Zumindest so, dass die DHS damit zufrieden wäre.

Ob E-Zigaretten zu einer Verminderung des Tabakkonsums führen oder gar den Ausstieg unterstützen, ist wissenschaftlich derzeit nicht belegt!

Ein Ausrufezeichen in einer Pressemitteilung? Echt jetzt?

Aber offenbar fällt es wenigen auf, dass durch den zitierten ersten Satz alle nachfolgenden Kernaussagen ziemlich ad absurdum geführt werden. Es ist eigentlich ein Widerspruch.

Von „gefährlich“ zu „kann nicht empfohlen werden“

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Fachkonferenz Sucht in der Messe Erfurt

Zwei Dinge sind tatsächlich ermutigend. Wenn sie nicht sogar ein kleines Schmunzeln hervorrufen.
Zum einen schließt die Pressemitteilung lediglich damit, dass die E-Zigarette gesamtgesellschaftlich nicht als Harm Reduction Strategie von der DHS empfohlen werden kann.
Und zum zweiten, dass die eigentliche Konferenz, die noch bis morgen in Erfurt läuft und an der etwa 400 Fachleute teilnehmen, sich offenbar endlich einmal wirklich gute Fragen stellt.

Das Hauptthema ist, ob eine Abstinenz noch alleiniges Ziel im Umgang mit Drogen sein kann.
Auf gut Deutsch gesagt, ob es nach über einhundert Jahren gescheiterten Kampf gegen Drogen nicht bessere und vielversprechendere Wege gibt den Menschen zu helfen, als immer nur zu sagen „Das darfst du nicht“. Das wäre sicherlich auch mit Blick auf THC einmal ein neuer Ansatz. Fast einhundert Jahre nachdem die Mafia in der Alkohol Prohibition groß geworden ist, aber jeder weiter gesoffen hat wie er lustig war, wäre es vielleicht endlich einmal an der Zeit darüber nachzudenken.
Aber da durfte so eine Pressemitteilung zur E-Zigarette vorweg ja nicht fehlen. Zumindest nicht, wenn Martina Pötschke-Langer mitmischt.

Beim nächsten Mal nicht mitspielen dürfen

Die nächste Versammlung der Großkopferten findet übrigens schon nächste Woche statt.
Die Tagung zum Thema E-Zigarette, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird, wird an der Frankfurt University of Applied Sciences stattfinden.
Dort spricht unter anderem die Frau Dr. Leonie Brose vom King’s College London und erzählt mal etwas über den derzeitigen Umgang mit der E-Zigarette in Großbritannien. Und Silke Kuhn vom ZIS wird etwas über Konsumgewohnheiten und Motiven von E-Zigaretten Nutzern sagen. Das Zentrum für Interdisziplinare Suchtforschung zeichnete verantwortlich für die Umfrage der Uni Hamburg, bei der Anfang des Jahres nur einer von über 3200 befragten Dampfern angab, vorher nicht geraucht zu haben.

Und ganz leise, ganz weit entfernt, pfeift jemand Scorpions Wind of Change.


Edit 11.10.2016: Ursprünglich stand in dem Artikel, auf der Tagung an der Frankfurt University of Applied Sciences würde niemand vom DKFZ sprechen. Diese Angabe war falsch und ist gelöscht. Frau Dr. Katrin Schaller vom DKFZ wird eine halbstündige Einführung geben. Das wurde auf dem Scedule tatsächlich schlicht übersehen.
Vielen Dank für den Hinweis an Erhardt Basum. Nächste Bierchen auf uns.

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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